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# taz.de -- Porno-Serie auf taz.de (II): "No girls – only women"
> Industrie-Pornos drücken nicht die Lebensrealitäten von Frauen aus.
> Gerade deswegen ist die Antwort auf solche Pornos nicht "keine Pornos"
> sondern – feministische Pornos!
Bild: Ausschnitt aus einem Flyer für ein Queer-Feministisches Festival in Ljub…
Wenn man Alice Schwarzers "PorNO" liest, wird eines ganz deutlich: Pornos
drücken nicht die Lebensrealitäten von Frauen aus – sie sind vor allem
Abbild patriarchaler Dominanz. Sie werden von Männern produziert und
stellen männliche Sexualität in den Mittelpunkt.
Aber gerade deshalb und frei nach Annie Sprinkle ist die Antwort auf
schlechte Pornos nicht "keine Pornos" sondern – feministische Pornos!
Nichts anderes spricht so für die Demokratisierung der Sexualität. Das Netz
spielt hierfür eine entscheidende Rolle.
Denn: Wenn Nutzer nach ihren Vorstellungen Pornos produzieren und
veröffentlichen können, bricht das notwendigerweise mit vielen Konventionen
von heterozentrierten Mainstreamproduktionen, die seit den 1970er Jahren
nicht weit von den Regeln abweichen, die Stephen Ziplow 1977 in seinem
“Film Maker's Guide to Pornography” beschrieben hat.
"Film Makers Guide" wirkt nach
Die bei Ziplow aufgelistete Abfolge aller sexuellen Nummern, beginnend mit
Oralsex und endend mit einer Gruppensexszene, wird auch heute noch in der
grossen Mehrheit aller High-Budget-Produktionen angewandt und führt so ein
konservatives ästhetisches Konstrukt fort, das sich in seiner Rigidität
längst überlebt hat.
Als Konsequenz der zweiten und dritten Feminismus-Welle drängen jetzt neue
Rezipient_innengruppen auf den Markt, die die Ware Porno für sich erobern
und sich weigern, den Männern – sei es als Produzenten oder Konsumenten –
weiterhin das Feld zu überlassen. Wenn Pornos ein sexualisierter Kommentar
auf unsere Lebenswirklichkeit sind, so ihr Credo, dann muss es auch
Ausdrucksraum für Daseinsformen abseits der genormt scheinenden
Mainstream-Ästhetik geben.
Jenseits der Hetero-Lesbenpornos
Queerfeministische Porno-Filme casten Darsteller_innen, die nicht mehr in
Schubladen passen und die Dinge vor der Kamera tun, die nichts mehr mit der
"zwei blonde, gelangweilte Frauen küssen sich ein bisschen und fummeln
aneinander mit langen Fingernägeln rum" Routine von Heteropornos zu tun
haben.
Anders als bei den üblichen "Mainstream-Vorspulfilmen" ist die Länge der
Nummern so gewählt, dass es möglich wird, den gesamten Film durchzuschauen;
sicherlich ein Hinweis auf das unterschiedliche Rezeptionsverhalten des
Publikums.
Demokratisierung von Pornografie heisst nicht nur Demokratisierung von
Blicken und Sehgewohnheiten, sondern auch Demokratisierung der
Darstellungen und Sexualakte.
Das Netz: Jenseits des Studio-Mainstreams
Hier kommt das Netz ins Spiel: Eine neue Generation organisiert sich dort,
abseits des etablierten Studiosystems, bereits jetzt. Im Netz werden
konsequent neue Wege der Produktion und der Vermarktung beschritten. Nicht
das Videoportal Youporn ist Ausdruck der neuen Möglichkeiten des Porno 2.0
– vielmehr vernetzen sich die Akteure via Facebook, Twitter und Co.
So hilft das Netz schlicht und einfach bei einer weltweiten Vernetzung der
Zielgruppe – Leute können sich als Teil einer sexuellen Gemeinschaft
erleben und durch ihre Sehgewohnheiten oder aktiver Partizipation
mitbestimmen, was sie sehen wollen. Diese aus der reinen rezeptiven Haltung
herausgelöste "Mitmachkultur" bedient sich entschieden der
Community-Aspekte des Web 2.0: Selbermachen anstatt nur zuzuschauen.
Großes Plus für queerfeministische Produktionen
Die Not, sich abseits der studiodominierten Pornoindustrie etablieren und
einen eigenen Markt erschliessen zu müssen, erweist sich als grosses Plus
für queerfeministische Produktionen. Auf Facebook oder Twitter werden
Darsteller_innen für neue Filme gesucht und gefunden und die fertigen
Produkte beworben.
Die daraus resultierende Vielfalt der Darstellungen und die Vermarktung
durch die eigene Community verhelfen Regisseur_innen wie Shine Louise
Houston ([1][@ShineLouise]) oder Courtney Trouble ([2][@nofauxxx]) zu mehr
Sichtbarkeit auch in den Mainstreambereich hinein. Zudem wird das wachsende
Mainstream Genre Gonzo, das mit fiktiven Anlehnungen an authentische
Sexualakte spielt – allerdings immer noch einer konservativen Ästhetik
unterworfen – vorgeführt und ins Queere transferiert.
"I don't put girls in porn - only women"
Denn gerade die amerikanische Pornoindustrie hat noch nicht verstanden, was
um sie herum passiert – so gibt es zwar bei den “Porn-Oscars” genannten
AVN-Awards eine Kategorie “Best All-Girl”, damit ist aber das breite
Spektrum queerer Filme mitnichten abgedeckt, kommentiert Bren Ryder von
GoodDykePorn.com auf Twitter: "I don't put girls in porn - only women".
Dahinter verbirgt sich der Gedanke, auch in Europa Filme und Personen
auszuzeichnen, die die männerdominierte Pornowelt revolutionieren und
weibliche Sexualität in den Mittelpunkt stellen. In diesem Jahr werden vor
allem amerikanische Filmemacher_innen und Künstler_innen ausgezeichnet; die
europäische Queerporn-Szene ist (noch) recht übersichtlich. Dabei könnte
der Do-It-Yourself Gedanke der amerikanischen Vorbilder durchaus auch in
Europa Schule machen, vor allem durch den inhärenten Vernetzungscharakter:
The Internet is for Porn. Es liegt an uns zu entscheiden, für welchen.
Erstmals "Feminist Porn Awards" in Europa
Um die Sichtbarkeit queerfeministischen Pornos noch zu erhöhen, werden seit
Jahren in Kanada die "Feminist Porn Awards" verliehen, die 2009 zum ersten
Mal auch eine europäische Entsprechung haben: am 17.10. fand in Berlin die
1. Feministische Pornofilm Preisverleihung statt.
16 Oct 2009
## LINKS
[1] http://www.twitter.com/ShineLouise
[2] http://www.twitter/nofauxxx
## AUTOREN
Tina Lorenz
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