# taz.de -- Räumung: Künstler rücken weiter | |
> Vorläufiger Kompromiss mit der Stadt im Gängeviertel: Die Künstler räumen | |
> zwei der Gebäude - und breiten sich dafür in den anderen Häusern erst | |
> einmal weiter aus. | |
Bild: Weiter geht's: Wenn auch keiner weiß, wie. | |
In einem der Hinterhöfe des Gängeviertels ist zwischen zwei Häusern ein | |
Draht gespannt. Er trägt die Figur einer Seiltänzerin, von der man sich | |
fragen könnte, wen sie meint: die geschickt mit der Stadt verhandelnden | |
Künstler, bedroht davon, am Ende doch ins Leere zu fallen? Oder den Senat, | |
der sich im Poker mit dem Investor Hanzevast blamieren könnte? | |
Gestern einigten sich Stadt und Künstler erstmal auf einen vorläufigen | |
Kompromiss. Nachdem Hanzevast angekündigt hatte, eine am Montag fällige | |
Rate zu überweisen, räumten die Künstler freiwillig zwei von der | |
Sprinkenhof AG verwalteten Häuser. Die zentrale "Fabrik" und die für | |
Konzerte genutzte "Druckerei" fallen nun an den niederländischen Investor, | |
sollte die Zahlung tatsächlich eingegangen sein. Die Kulturbehörde konnte | |
das gestern allerdings noch nicht bestätigen. Im Gegenzug hat die Stadt den | |
Künstlern erlaubt, weitere Flächen in den restlichen Gebäuden des | |
Gängeviertels zu nutzen, die noch die SAGA verwaltet. | |
Damit würden weitere 6.000 Quadratmeter Fläche im Viertel für die | |
Öffentlichkeit zugänglich: die begehbaren Obergeschosse und die drei | |
bislang noch leer stehenden Gebäude. Als Begründung für den Rückzug aus den | |
Sprinkenhof-Gebäuden verwies die Initiative auf "Schadensersatzforderungen | |
in Millionenhöhe von Hanzevast", mit denen "unnötig Steuergelder | |
verschwendet" würden. | |
Ihr Entgegenkommen verband die Initiative zugleich mit Forderungen an den | |
Senat: Er müsse schnellstmöglich den Vertrag mit Hanzevast rückabwickeln, | |
was von Finanzsenator Michael Freytag (CDU) bisher "persönlich verhindert | |
worden ist". Freytag solle deshalb von seinem Amt zurücktreten: "Nicht nur, | |
aber auch im Gängeviertel hat Freytag bewiesen, dass er nicht in der Lage | |
ist, das Interesse der Einwohnerinnen und Einwohner an einem sorgsamen | |
Umgang mit öffentlichem Grund und Boden und dem kulturellen Erbe der Stadt | |
zu vertreten", hieß es von der Initiative ungewöhnlich scharf. | |
Kritik am Finanzsenator äußerte auch der stadtentwicklungspolitische | |
Sprecher der SPD, Andy Grote: Es sei im Wesentlichen der Finanzsenator, | |
sagte Grote, "der die Fehler der Vergangenheit zu verantworten hat und der | |
jetzt einer städtischen Lösung im Wege steht". Norbert Hackbusch, | |
kulturpolitischer Sprecher der Linkspartei wertete das Vorgehen des Senats | |
als Verzögerungstaktik. Damit sei zwar erreicht, "dass sich vorerst keiner | |
der Beteiligten die Hände schmutzig macht, aber die arrogante | |
Undurchsichtigkeit mit der die Stadt in dieser Sache agiert ist | |
unerträglich". Hackbusch sprach von einer "Politik der Intransparenz, die | |
den Willen der BürgerInnen ignoriert" und verwies auf den großen Zuspruch, | |
den das Nutzungskonzept der Künstler letztes Wochenende erfahren habe. | |
Mehrere hundert Besucher demonstrierten am Samstagabend mit einer | |
Lichterkette für den Erhalt des Areals. Insgesamt zählte die Initiative | |
seit Beginn des kulturellen Hoffestes mehr als 10.000 Gäste, eine Petition | |
zum Erhalt des Viertels fand 20.000 Unterzeichner. | |
26 Oct 2009 | |
## AUTOREN | |
Maximilian Probst | |
Maximilian Probst | |
## TAGS | |
Stadtentwicklung Hamburg | |
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