# taz.de -- Finnland und Schweden genehmigen: Ostseepipeline-Bau kann starten | |
> Schweden und Finnland genehmigen - nach massivem politischem Druck - die | |
> 1.200 km lange Gasleitung. Baubeginn: 2010. Kritiker warnen vor | |
> Umweltbelastungen | |
Bild: Ab 2010 könnte es losgehen: Der Bau der Ostseepipeline. | |
Die umstrittene Gaspipeline auf dem Grund der Ostsee, die Deutschland mit | |
russischem Erdgas versorgen soll, kann gebaut werden. Am Donnerstag haben | |
die Regierungen Schwedens und Finnlands grünes Licht gegeben. Bereits vor | |
zwei Wochen hatte die dänische Regierung eine entsprechende Entscheidung | |
getroffen. Es steht nun nur noch das Votum aus Deutschland und Russland | |
aus, das aber als Formsache gilt. Der Bau soll im nächsten Jahr beginnen, | |
das erste Gas 2011 bei Greifswald ankommen. | |
Da die Leitung durch ihre jeweiligen Wirtschaftszonen in der Ostsee verlegt | |
werden soll, hätten Stockholm und Helsinki aufgrund der Bestimmungen des | |
internationalen Seerechts die Möglichkeit gehabt, deren Bau unter Hinweis | |
auf Umweltschutzbedenken zu stoppen. Solche waren auch jahrelang geltend | |
gemacht worden. Im Februar 2008 hatte die schwedische Regierung | |
Antragsunterlagen der Gazprom-Pipelinegesellschaft Nordstream bereits | |
einmal als "völlig ungenügend" zurückgewiesen. | |
Wenn Stockholm und Helsinki trotz nicht ausgeräumter Umweltbedenken nun | |
trotzdem genehmigen, ist das massivem politischem Druck geschuldet. Sowohl | |
Berlin wie auch Moskau waren bei den jeweiligen Regierungen mehrfach | |
vorstellig geworden und hatten auf die Wichtigkeit des Projekts | |
hingewiesen. Schweden war als gegenwärtiger EU-Ratspräsident in eine | |
besondere Zwickmühle geraten: Moskau soll gedroht haben, Präsident Dmitri | |
Medwedjew werde den EU-Russland-Gipfel in Stockholm boykottieren, falls | |
nicht rechtzeitig vor dem 18. November die schwedische Genehmigung erteilt | |
würde. | |
Stockholm erklärt nun, dass der durch internationales Recht begrenzte | |
Handlungsspielraum keine andere Möglichkeit gelassen habe als ein Ja. "Die | |
Regierung geht davon aus, dass die geplante Streckenführung vereinbar ist | |
mit Schwedens Verpflichtungen, das marine Milieu zu schützen und zu | |
bewahren", erklärte der schwedische Umweltminister Andreas Carlgren. | |
Das bezweifeln KritikerInnen, zu denen neben Umweltschutzorganisationen | |
auch die rot-rot-grünen Oppositionsparteien im schwedischen Parlament | |
gehören. Sie befürchten, dass das marine Leben über Jahre leiden könne | |
durch das Aufwühlen von gift- und schwermetallhaltigem Bodenschlick auf | |
einer Länge von 1200 Kilometer quer durch die Ostsee. Auch warnen sie, dass | |
Bestandteile von den nach dem Krieg in der Ostsee versenkten 40.000 Tonnen | |
chemischen Waffen und 100.000 Minen frei werden könnten. Auch könne die | |
Fischerei und die Sicherheit der Seeschifffahrt beeinträchtigt werden. | |
Moskau wird vorgeworfen, die ökologisch umstrittene Trassenführung durch | |
die Ostsee und nicht den kürzeren und billigeren Landweg über die | |
baltischen Staaten und Polen gewählt zu haben, allein aus machtpolitischen | |
Gründen. Bislang gibt es keinerlei Erfahrungen mit dem Bau einer solchen | |
Pipeline in einem der Ostsee auch nur annähernd vergleichbaren Meer. | |
Bengt-Erik Bengtsson, Meerestoxikologe an der Universität Stockholm, | |
bezeichnet dieses Projekt deshalb als ein "gigantisches ökologisches | |
Experiment". | |
5 Nov 2009 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
## TAGS | |
Gazprom | |
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