# taz.de -- Autonomiestatut für serbische Provinz: Vojvodina bekommt Regierung | |
> Die nördliche Provinz soll wieder mehr Eigenständigkeit bekommen. Die | |
> Rechte bleiben jedoch hinter denen von vor 1989 zurück. Nationalisten | |
> warnen vor einer weiteren Zerstückelung des Landes | |
Bild: Stadt und Land: Statue in Novi Sad, der Hauptstadt der ansonsten ländlic… | |
BELGRAD taz | Nach zwei Jahrzehnten soll die serbische Provinz Vojvodina in | |
der kommenden Woche ihren Autonomiestatus wiederbekommen. Nach hitzigen | |
Verhandlungen in der serbischen Regierungskoalition scheint eine Mehrheit | |
im Parlament für das neue Statut der Vojvodina sicher zu sein. Das teilte | |
Premier Mirko Cvetkovic mit. | |
Für die einen ist es ein wichtiger Schritt im Abbau des von Slobodan | |
Milosevic eingeführten Zentralismus und eine Annäherung an europäische | |
Standards. Andere schlagen Separatismus-Alarm, wittern nach Kosovo die | |
Gefahr der Sezession eines weiteren Teil Serbiens. | |
"Das ist totaler Quatsch", meint der Autonomie-Kämpfer Nenad Canak. Es | |
ginge nur darum, dass der Plünderung der verglichen mit anderen Regionen | |
Serbiens wohlhabenden Vojvodina seitens der Zentralregierung in Belgrad ein | |
Ende gemacht werde, erklärt der Chef der Liga der Sozialdemokraten der | |
Vojvodina (LSV). | |
Das neue Statut samt einem Gesetz über die Übertragung der Befugnisse auf | |
die Provinz sieht vor, dass Novi Sad statt eines "administrativen und | |
kulturellen Zentrums" auch formal die "Hauptstadt" der Vojvodina wird und | |
die Provinz eine eigene Akademie der Wissenschaften und Künste gründen | |
darf. Dies sei wichtig für das lange untergrabene Selbstbewusstsein der | |
Bürger der Vojvodina, erklärt Canak. | |
Bedeutender ist, dass die Vojvodina formal eine Regierung bekommt, die | |
Provinz kann öffentliche Betriebe verwalten, eine Entwicklungsbank gründen | |
und internationale Verträge abschließen. Zudem darf sie als Region eine | |
eigene Vertretung in Brüssel haben, um leichter Zugang zu europäischen | |
Entwicklungsfonds zu bekommen. | |
Außerdem kann das im Statut definierte Territorium nur verändert werden, | |
wenn über 50 Prozent der rund 2 Millionen Einwohner der Vojvodina dafür | |
stimmen. Damit soll verhindert werden, dass eine reiche Gemeinde in der | |
Vojvodina der serbischen Hauptstadt Belgrad angegliedert werden kann. Die | |
Autonomie der Vojvodina kann durch andere Gesetze nachträglich nicht | |
angetastet werden. | |
Ganz zufrieden sind die Autonomieverfechter jedoch nicht. Denn die | |
Vojvodina wird weder Gesetze verabschieden noch selbständig über | |
Steuergelder verfügen können. Die Autonomie ist durch die neue serbische | |
Verfassung beschränkt und geht nicht so weit wie vor 1989. | |
Wegen des Streits über die Autonomie der Vojvodina in der | |
Regierungskoalition zwischen Canaks LSV und ungarischen Parteien auf der | |
einen und der von Milosevic gegründeten Sozialistischen Partei Serbiens | |
(SPS) auf den anderen Seite lag das vor über einem Jahr im Parlament der | |
Vojvodina verabschiedete Statut auf Eis. Auch der Seniorpartner in der | |
serbischen Regierung, die Demokratische Partei (DS) von Staatschef Boris | |
Tadic, tat sich schwer mit der Autonomie der Vojvodina. | |
Heftige Kritik kam auch wieder aus dem Lager der Nationalisten. Die | |
Vojvodina werde "ein Staat im Staat", das Statut sei "verfassungswidrig" | |
und der "Prozess der Zerstückelung" Serbiens werde fortgesetzt. Und so ist | |
Serbien auch in der Vojvodina-Frage wieder einmal komplett gespalten - ein | |
Grund, weshalb sich das Land nur langsam von dem Erbe von Slobodan | |
Milosevic befreit. | |
11 Nov 2009 | |
## AUTOREN | |
Andrej Ivanji | |
Andrej Ivanji | |
## TAGS | |
Reiseland Serbien | |
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