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# taz.de -- Handball: Stadt, Land, Tor
> Dass die TSV Burgdorf nun in der ersten Bundesliga spielt, findet man
> dort, im hannoverschen Umland, natürlich erstmal schön. Aber es bedeutet
> auch viel Neues und viel Verantwortung auf und neben dem Spielfeld.
Bild: Kein Durchkommen: Das mit den Gegentoren haben sie bei der TSV Burgdorf d…
Plötzlich, weil einer zwei Sekunden vor Spielschluss gegen die TSG
Friesenheim ein Tor wirft, schnellt die TSV Burgdorf in die
Handball-Bundesliga. Und was sehr plötzlich geht, braucht später umso mehr
Zeit.
Bis zur zweiten Liga spielte die TSV in der Turnhalle der
Gudrun-Pausewang-Schule in Burgdorf, 400 Zuschauer passen da rein.
Burgdorf, 20 Kilometer östlich von Hannover, hat 30.000 Einwohner. Und
CP-Pharma, ein Unternehmen der Tiermedizinbranche. Unternehmensgründer
Bernd Gessert ist einer der Gesellschafter der Handball GmbH.
Ansonsten sei Burgdorf "ländlich geprägt", sagt TSV-Pressesprecher Holger
Staab. Was sich insofern bei den Handballern niederschlägt, als dass der
Landwirt Alfred Peters auch einer der GmbH-Gesellschafter ist.
Gesellschafter drei und vier sind Dieter Rohles und Hanno Staab,
Versicherungsbranche. Hanno Staab wiederum ist der Bruder des
Pressesprechers, und beide Staabs haben früher Handball gespielt.
Wer ein Heimspiel der TSV in der AWD-Hall in Hannover besucht, etwa das
gegen den finanziell klammen Tabellennachbarn aus Dormagen, der erlebt eine
Mischung aus Stadt, Land und Fluss. Eine Show vor dem Spiel und in den
Pausen, dass einem die Trommelfelle platzen, mit viel "Humba" und "tätärä",
und allem, was knülle macht. Dazu ein Hallensprecher, der brüllt, als säße
er auf einer heißen Herdplatte. Das ist die Stadt.
Da ist aber auch eine Frau, die den Schweiß wegwischt, den die Spieler auf
dem Hallenboden verteilen, wenn sie dort zu liegen kommen. In Kiel oder
beim HSV sind diese Frauen ein Teil der Show: knappe Trikots, auffällige
Farben. In Burgdorf sieht die Frau so aus, als sei sie eine
Reinigungskraft. Das ist das Land. Und der Fluss, die Leine, sorgt dafür,
dass es immer ein bisschen feucht ist, rund um die Halle.
Die TSV, gegründet 1912, spielte bis 1995 immer in der dritten und vierten
Liga. Und nun, als TSV Hannover-Burgdorf, gegründet 2005, zum ersten Mal
Bundesliga. Das kann weh tun, wenn es so richtig daneben geht. Das kann
eine Strafe werden, dafür gibt es Beispiele in diversen Sportarten. Aber
nun haben die Burgdorfer schon zwei Spiele gewonnen, gleich das erste gegen
den Mit-Abstiegskandidaten Balingen-Weilstetten, wo Rolf Brack, der Vater
des Burgdorfer Spielers Daniel, Trainer ist. Und das gegen Dormagen.
Burgdorf hat, wie Sprecher Staab stolz aufzählt, "eine riesige
Jugendabteilung": 23 Teams und 250 Spieler. In jeder Altersgruppe, bei den
Mädchen wie bei den Jungs, spielt ein TSV-Team in der höchsten Liga.
"Einmalig in Deutschland", sagt Staab. Die Burgdorfer Handballer sind keine
Profis. Frank Habbe etwa macht eine Ausbildung zum Polizisten, Alexander
Hübe ist Energieelektroniker, Torwart Jendrik Meyer Industriekaufmann. Aber
die meisten sind Sportlehrer.
Weil man ein wenig zu viele Tore kassierte, haben die Verantwortlichen den
Keeper Nenad Puljezevic verpflichtet, 36, zuletzt beim serbischen HC
Kolubana. "Ohne Ablöse", behauptet Staab. Bei der WM 2007, für die Ungarn,
sei der "ein Kracher" gewesen, "aber das ist zwei Jahre her". Weitere
Verpflichtungen seien nicht geplant, sagt Staab. Die Entscheidungen trifft
Gessert.
Puljezevic wird auf 110 bis 115 Kilogramm geschätzt, die Hose trägt er
knapp unter den Brustwarzen, wie man das in den 80ern so machte. Gegen
Dormagen sitzt er erstmal auf der Bank, kommt zu einem 7-Meter aufs Feld,
gibt dem Schützen, Michiel Lochtenbergh, sehr höflich den Ball, zieht die
Hose stramm, zupft am zeltartigen Sweatshirt, wehrt den Ball mit dem Fuß
ab, ballt die Faust, geht wieder auf die Bank. Großer Auftritt.
"Durch den Aufstieg ist was auf uns hereingebrochen", sagt Staab: Nach 26
Jahren wieder Erstligahandball in Hannover, zuletzt war das der PSV. "Die
Leute wollen Erstligahandball sehen", behauptet TSV-Trainer Frank Carstens,
38 und, klar, Sportlehrer, "und zwar mehr als eine Saison."
Auf den ersten Auswärtspunkt warten sie in Hannover und in Burgdorf
übrigens immer noch: Bei der HSG Wetzlar verlor man an diesem Sonntag
deutlich mit 21 : 29.
15 Nov 2009
## AUTOREN
Roger Repplinger
## TAGS
Fußball
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