# taz.de -- Skandalspiel Frankreich-Irland: Kleiner Fisch am Haken | |
> Begünstigt vom Schiedsrichter, fährt Frankreich zur Fußball-WM 2010. Die | |
> Iren sehen sich in ihrer Annahme bestätigt, dass die Fifa ihre Finger im | |
> Spiel hatte. | |
Bild: Das 1:1. | |
DUBLIN taz | Liam Brady hatte recht mit seiner Vorahnung. Der | |
Assistenztrainer der irischen Fußballnationalmannschaft hatte vor den | |
Relegationsspielen um die Fahrkarte zur WM 2010 in Südafrika geunkt, dass | |
der Weltverband Fifa die Franzosen bevorzuge, weil das lukrativer sei. "Wir | |
müssen daran glauben, dass die Schiedsrichter stark und unabhängig genug | |
sein werden, um die Tatsache zu ignorieren, dass die Mächtigen in der Fifa | |
lieber Frankreich bei der WM in Südafrika sehen würden", sagte Brady vorige | |
Woche. | |
Glaube nützt aber nichts, schon gar nicht, wenn sich wie bei der Fifa alles | |
ums Geld dreht. Die Iren führten in der Verlängerung im Stade de France in | |
Paris mit 1:0, und es drohte ein Elfmeterschießen, da Irland das Hinspiel | |
in Dublin am Samstag mit 0:1 verloren hatte. Dann gab es in der 103. Minute | |
einen Freistoß für Frankreich. Der hätte bereits abgepfiffen werden müssen, | |
denn zwei Franzosen standen deutlich im Abseits. Und dann übersah das | |
schwedische Schiedsrichtergespann auch noch ein doppeltes Handspiel von | |
Thierry Henry, bevor William Gallas zum Ausgleich einköpfte. Es war kein | |
flüchtiges, versehentliches Handspiel: Henry führte den Ball zweimal mit | |
der Hand wie ein Basketballspieler, bevor er ihn vor das Tor bugsierte. Ein | |
dermaßen irreguläres Tor hat man selten gesehen. | |
Die Wiederholung im Fernsehen zeigte, dass der Linienrichter freie Sicht | |
auf Henry hatte. Schiedsrichter Martin Hansson sagte zu den protestierenden | |
irischen Spielern, er sei sich "hundertprozentig sicher, dass es nicht Hand | |
war". Henry sagte nach dem Spiel: "Ich will ehrlich sein: Es war ein | |
Handspiel." Was sollte er auch machen. Außer dem Schiedsrichtergespann | |
hatte es ja jeder gesehen. | |
Auf der Fifa-Website heißt es: "Nachdem sie den ganzen Abend die dichte | |
irische Verteidigung nicht überwinden konnten, erwies sich Frankreichs | |
später Glückstreffer schließlich als Untergang für die Gastmannschaft." | |
Glückstreffer? Erst gestern fügte die Fifa verschämt den Halbsatz hinzu, | |
dass Henry sein Handspiel eingeräumt habe. Selbst den Franzosen war die | |
Sache ein wenig peinlich. Le Figaro titelte: "Frankreich ohne Ruhm". | |
Wozu führt man überhaupt Qualifikationsspiele durch? Ehrlicherweise sollte | |
die Fifa die großen Länder, die das Geld bringen, automatisch zur WM | |
einladen und die restlichen Plätze unter den Fußballzwergen ausspielen | |
lassen. Der Weltverband hat alles drangesetzt, damit große Fußballnationen | |
wie Frankreich an der WM teilnehmen. Zuerst wurden sie bei der Auslosung | |
der Gruppen gesetzt. Als das nicht ausreichte, änderte die Fifa kurzerhand | |
die Regeln und setzte bei den Relegationsspielen erneut vier Mannschaften. | |
Und als die Iren die Rangordnung dennoch beinahe durcheinanderbrachten, | |
trugen die Schiedsrichter Frankreich praktisch zur WM nach Südafrika. | |
Hansson entschied während des ganzen Spiels jede umstrittene Situation | |
zugunsten der Franzosen. | |
"Genau das hatten wir erwartet", sagte Irlands Abwehrspieler Richard Dunne. | |
"Die Leute, die den Fußball regieren, haben genau das bekommen, was sie | |
wollten. Die WM wird von Leuten veranstaltet, die bestimmen wollen, wer | |
daran teilnimmt. Deshalb werden bei wichtigen Entscheidungen die großen | |
Teams bevorzugt. Fifa-Präsident Sepp Blatter schwafelt ständig über Fair | |
Play. Er soll mal drüber nachdenken, was gestern Abend passiert ist." | |
Irlands italienischer Trainer Giovanni Trapattoni sagte, es sei doch nun | |
für die Katz, wenn er bei seinen Vorträgen an Schulen Fair Play predige. | |
Irlands Justizminister Dermot Ahern verlangte eine Wiederholung des Spiels. | |
"Wenn dieses Ergebnis stehen bleibt, verstärkt es die Ansicht, dass man | |
gewinnt, wenn man betrügt", sagte er. "Aber sie werden uns eine | |
Wiederholung wohl nicht zugestehen, denn wir sind nur ein kleiner Fisch im | |
Weltfußball." | |
Der kleine Fisch hatte am Mittwochabend das Spiel seines Lebens gemacht. | |
Anders als beim Hinspiel in Dublin waren die Iren den Franzosen, die | |
während der gesamten Begegnung erstaunlich nervös und unsicher waren, in | |
allen Belangen überlegen. Aber sie versäumten es, eine der zahlreichen | |
Großchancen zum zweiten Tor zu nutzen. Dann hätte Frankreich auch die Gunst | |
des Schiedsrichtergespanns nichts mehr geholfen. | |
20 Nov 2009 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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