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# taz.de -- Protest gegen Reggae-Konzert: Homophobie aus Jamaika
> Der schwulenfeindliche Reggae-Sänger Sizzla aus Jamaika singt am
> Donnerstag in Berlin. Politiker und Schwulenverbände sind empört und
> rufen zur Demo auf.
Bild: Gegen ihn wird demonstriert: Sizzla.
„Verbrennt die Männer, die andere Männer von hinten reiten" - "Ich ziehe
los und erschieße Schwule mit meiner Waffe"
Diese Sätze stammen aus Liedern des jamaikanischen Reggae-Sängers Miguel
Collins alias Sizzla und haben ihn weltweit berühmt - und berüchtigt –
gemacht. Am Donnerstag soll Sizzla ein Konzert im Berliner Kesselhaus
geben. Anschließend sind Auftritte in München, Wuppertal und Stuttgart
geplant. Es regt sich massiver Widerstand. Grüne und Linkspartei sowie der
Schwulen- und Lesbenverband (LSVD) wollen die geplanten Deutschlandkonzerte
verhindern und rufen in Berlin zur Protestdemo auf. Auch andernorts haben
lokale Bündnisse Demos angekündigt.
"Wer offen zu Hass und Gewalt gegen Minderheiten aufruft, hat auf deutschen
Bühnen nichts verloren", erklärte Volker Beck, parlamentarischer
Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, gegenüber der taz. Die Zusage,
entsprechende Songs in Deutschland nicht zu spielen, reiche nicht aus. "In
Jamaika singt er sie und dort nehmen Menschen sie für voll", so Beck.
Jamaika gilt als No-Go-Area für Schwule und Lesben. Bis zu zehn Jahre
Gefängnis drohen bei homosexuellen Handlungen, immer wieder kommt es zu
Angriffen, oft mit tödlichen Ausgang. Auf Jamaika gibt es pro Kopf die
meisten Kirchen, die Bevölkerung ist tief religiös und konservativ, beruft
sich auf das Alte Testament und legt die Bibel oft wörtlich aus. Homophobie
ist tief verwurzelt. Sänger wie Sizzla - dessen aktuellen Alben in
Deutschland auf dem Index stehen - tragen mit ihren schwulenfeindlichen
Texten zur weiteren Verbreitung der Schwulenfeindlichkeit auf der
Karibikinsel bei.
Volker Beck hat 2008 erwirkt, dass Sizzla vom Bundesinnenministerium in das
Schengen-Informationssystem (SIS) aufgenommen und ihm damit die
Einreise verwehrt wurde. Seine Auftritte wurden abgesagt. Am Mittwoch
brachte Beck das Thema in den Bundestag ein. Ole Schröder,
CDU-Staatssekretär im Innenministerium, erklärte, Frankreich habe Sizzla im
September ein Visum erteilt. Die Einstellung ins SIS sei befristet gewesen.
Zudem habe Sizzla in jüngerer Vergangenheit in Europa keine
homophoben Songs mehr gespielt. Beck hielt dagegen, Sizzla habe mehrfach
gegen die RCA-Selbstverpflichtung, die ihn zur Toleranz anders Denkender
gegenüber verpflichtet hatte, verstoßen und sich auch in neueren Songs
homophob geäußert.
Reggae-Experten warnen vor Verboten. „Dann müsste auch jedes zweite
Metalkonzert abgesagt werden“, sagt etwa Noe Noack, Moderator und
Reggae-Experte bei Bayern2. Natürlich gebe es Tote und Hass auf Schwule in
Jamaika, aber man müsse die Homophobie differenziert betrachten. Vieles in
den Texten sei auch symbolisch gemeint. „Ich plädiere dafür, auch die
Rezeption hier bei uns zu hinterfragen“, so Noack. Nicht jeder jugendliche
Reggae-Fan sei homophob, verstehe die Texte. Verbote jedenfalls seien
kontraproduktiv. Die Reggaeszene in Deutschland muss aktiv werden und sich
mit dem Thema auseinandersetzen.
Der Berliner Senat wälzt die Verantwortung auf den Veranstalter ab, auch
wenn die Kulturbrauerei, auf dessen Geländer das Konzert stattfindet,
vom Senat gefördert wird. Das Kesselhaus hält am Konzert fest und will den
Dialog mit dem Künstler suchen. "Die homophobe Haltung des Künstlers hat
seine Ursache in den gesellschaftlichen und kulturellen Zusammenhängen in
seiner Heimat", schreiben die Veranstalter. Beim Auftritt selbst werde die
Polizei vor Ort sicherstellen, dass es nicht zu strafrechtlich relevanten
Handlungen kommt.
Der LSVD fordert die Veranstalter der Konzerte auf, sie abzusagen. „Wir
wollen Solidarität mit den Schwulen und Lesben Jamaikas“, sagte
LSVD-Geschäftsführer Klaus Jetz. Die Auftritte von Sizzla seien „ein Schlag
ins Gesicht der Menschenrechtler“ und ein „staatsbürgerliches
Armutszeugnis“. An Absurdität kaum zu überbieten sei die Begründung des
Kesselhauses. „Die geben sogar zu, dass der Künstler, den sie eingeladen
haben, schwulenfeindlich ist“, empört sich Jetz.
Ein Bündnis aus Schwulen- und Lesbenverbänden sowie linker Gruppen ruft für
Donnerstag, den 26. November zur Demo "Smash Homophobia" auf. Treffpunkt
ist 18.30 Uhr am S-Bahnhof Schönhauser Allee.
25 Nov 2009
## AUTOREN
Paul Wrusch
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