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# taz.de -- Sonntagseinkauf auf dem Prüfstand: Burn-out durch Shoppen
> Kurz nach dem ersten Advent urteilt das Bundesverfassungsgericht über den
> Sonntagsverkauf. Kirche und Einzelhandels-Vertreter verteidigen die Ruhe
> am Sonntag.
Bild: In Berlin dürfen Läden an zehn Sonntagen im Jahr öffnen - in Bayern nu…
BERLIN taz | Zu Beginn der Adventszeit hat die Ratsvorsitzende der
evangelischen Kirche, Margot Käßmann, verkaufsoffene Sonntag strikt
abgelehnt. Im „Streit der Woche“ der sonntaz warnt Käßmann vor einem
„kollektiven Burn-out“ der Gesellschaft. „Wenn wir die Sonntage dem Alltag
gleichmachen und alle Geschäfte öffnen, dann gibt es nur den Gleichklang
von sieben Werktagen.“
Am Dienstag entscheidet das Bundesverfassungsgericht über den
Sonntagseinkauf in Berlin. An zehn Sonntagen dürfen die Läden in der
Hauptstadt öffnen. Darunter an allen vier Adventssonntagen. Zu viel,
argumentiert die Kirche und klagte dagegen.
Warum nicht, fragt hingegen der ehemalige Präsident des Bundesverband der
Deutschen Industrie (BDI), Hans-Olaf Henkel. „Bisher werden schon Millionen
Polizisten oder Kellner dazu gezwungen, Sonntag zu arbeiten – warum sollten
Verkäuferinnen es nicht dürfen?“ Henkel fordert in der sonntaz die
freiwillige Sonntagsarbeit: „Einen Zwang halte ich für falsch, denn als
Familienvater hätte ich auch ungern sonntags gearbeitet.“ Außerdem lege er
selbst keinen Wert darauf, sonntags einkaufen zu können.
Henkel argumentiert allerdings, dass die Sonntagsarbeit vor allem durch
eine steuerliche Begünstigung attraktiv gemacht werde. Diese entziehe dem
Staat Milliardenbeträge. Deshalb sollte gleichzeitig der Sonntagszuschlag
abgeschafft werden. „Dann würden die Steuerzahler entlastet und neue
Arbeitsplätze geschaffen werden – aber eben nur für diejenigen, die Spaß
daran haben.“
Allerdings sehen das nicht alle Arbeitgeber so: Der Geschäftsführer des
bayrischen Einzelhandelsverbandes, Bernd Ohlmann, lobt in der sonntaz die
restriktive Regelung in Bayern. Dort gilt noch das Ladenschlussgesetz, das
erstmals 1957 eingeführt wurde, und vier verkaufsoffene Sonntage erlaubt –
allerdings nicht im Dezember, also nicht an Adventssonntagen. „Unsere
Gesellschaft braucht verbindliche Zeiten für Ruhe und Entspannung,“
argumentiert Ohlmann.
Auch taz.de-Leserin Stephanie Seidel fordert Ruhezeiten, nur nicht
unbedingt am Sonntag. „Ungenügendes Sozialleben hat nichts damit zu tun,
dass sonntags gearbeitet wird“, schreibt Seidel. „Sondern dass allgemein zu
viel gearbeitet wird. Was nützt Menschen, die bis zu 60 Stunden in der
Woche arbeiten müssen, dass sie ausgerechnet Sonntags frei haben?“
In dem „Streit der Woche“ schreiben außerdem Peggi Liebisch vom Verband der
alleinerziehenden Mütter, Modedesigner Harald Glööckler, der
Bundesvorsitzende des Fahrgastverbandes Pro Bahn, Karl-Peter Naumann, und
taz.de-Leser Thomas Stegmaier.
27 Nov 2009
## AUTOREN
Lalon Sander
## TAGS
Ladenschlussgesetz
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