# taz.de -- Lohn oder Gottteslohn?: Diakonie muss zahlen | |
> Nach zwei Jahren endet die Tarifauseinandersetzung der Diakonie mit | |
> moderaten Zuwächsen. Im Frühjahr wollen die Beschäftigten die nächste | |
> Runde einläuten | |
Bild: Beschäftigte der Inneren Mission protestierten schon zum Kirchentag im M… | |
Die wohl zäheste Auseinandersetzung in der Geschichte der Diakonie ist | |
beendet. Gestern verkündete Ver.di: Die Beschäftigten des | |
Wohlfahrtsverbandes bekommen künftig insgesamt 5,5 Prozent mehr Geld, für | |
niedrige Lohngruppen gibt es einen Sockelzuwachs. In Bremen profitieren | |
davon rund 3.300 Menschen, es ist die erste Tariferhöhung seit 2005. Doch | |
die eigentliche Neuigkeit ist, dass eine Gewerkschaft diese Nachricht | |
verbreitet. | |
Fast zwei Jahren lang verhandelte die "Arbeitsrechtliche Kommission" (ARK) | |
des evangelischen Verbandes. Das interne Gremium ist Ort des so genannten | |
"Dritten Wegs", eines kirchlichen Sonderverfahrens zur Lohnfindung. Die | |
Beschäftigten haben hierbei kein Streikrecht, Gewerkschaften waren seit | |
jeher außen vor. Doch weil die ARK keine Einigung erzielen konnten, drohten | |
die Arbeitnehmer, den "Dritten Weg" aufzukündigen. Sie taten sich mit | |
Ver.di zusammen, im September wurden Diakonie-Betriebe unter Führung von | |
Ver.di bestreikt - zum ersten Mal überhaupt. | |
Zwar einigte man sich schließlich doch noch, doch für das Bremer | |
ARK-Mitglied und Mitarbeitervertreter Christof Fantini, ist klar: "Das war | |
das letzte Mal. Der Dritte Weg ist am Ende." Der unter seinen Forderungen | |
zurückbleibende Abschluss zeige, "dass man mit diesem Modell schlechtere | |
Löhne bekommt als woanders". Ohne die Unterstützung von Ver.di hätte es gar | |
keine Einigung gegeben. | |
Auch die Arbeitgeberseite ist von dem Abschluss nur mäßig angetan. "Wir | |
sehen das mit einem lachenden und einem weinenden Auge", sagt Pastor Uwe | |
Mletzko, der stellvertretende Diakonie-Vorsitzende in Bremen. Den | |
Beschäftigten sei die Tarifanpassung "grundsätzlich sehr zu gönnen". | |
Andererseits erhöhe der Senat seine Zuwendungen im Behinderten-, Alten- und | |
Jugendbereich gerade mal um etwa zwei Prozent. Mehr als die Hälfte der | |
Lohnkostensteigerung müssten die Betriebe 2009 also selber zuschießen. "Wir | |
wissen nicht, wo wir das hernehmen sollen", sagt Mletzko. | |
Das Problem wird sich verschärfen. Gemeinsam mit Ver.di wollen die | |
Mitarbeitervertreter schon im Frühjahr die nächsten Lohnforderungen | |
stellen. "Was wir jetzt gekriegt haben, das war nur die Anpassung der | |
letzten Jahre", sagt Fantini. Die Arbeitnehmergremien haben einstimmig | |
beschlossen, ab 2010 mit Ver.di reguläre Tarifverhandlungen führen zu | |
wollen - Streikrecht inklusive. Lediglich an der Basis sei der Konsens für | |
diesen Kurswechsel "noch nicht ausreichend, daran müssen wir noch | |
arbeiten", sagt Fantini. | |
Weitaus mehr Überzeugungsarbeit ist wohl bei den Arbeitgebern zu leisten. | |
Denn dass die Diakonie künftig eine Gewerkschaft als Verhandlungspartner | |
akzeptiert, glaubt Pastor Mletzko nicht. "Die Diakonie hält bundesweit am | |
Dritten Weg fest, denn das ist ein kluger Weg. In dieser Frage gibt es | |
wenig Bewegung." Er könne sich jedenfalls "nicht vorstellen, dass da eine | |
große Bereitschaft sein wird, auf Ver.di zuzugehen", so Mletzko. | |
Was geschehen wird, wenn sich die Arbeitnehmer im nächsten Jahr der ARK | |
verweigern und wie angekündigt auf den offenen Tarifverhandlungen bestehen? | |
"Dann passiert eben gar nichts mehr. Dann gibt es überhaupt keine | |
Verhandlungen." | |
27 Nov 2009 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
## TAGS | |
Bremen | |
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