# taz.de -- Prähistorische Waffen: Steinzeit-Speere zu Goldbarren | |
> Der prähistorische Sensationsfund aus Schöningen bei Hannover soll | |
> attraktiv in einem Forschungs- und Erlebniszentrum inszeniert werden und | |
> alsdann Massen an Kulturtouristen in die Region locken. | |
Bild: Früher in der Hand der Krieger, heute eingelegt in destilliertem Wasser:… | |
1995 stießen Archäologen in einem Braunkohleflöz nahe dem Städtchen | |
Schöningen auf acht hölzerne Speere. Der Fund entpuppte sich als | |
Weltsensation. Man hatte die ältesten Jagdwaffen der Menschheit gefunden. | |
Jetzt wird die strukturschwache Region an der ehemaligen Zonengrenze davon | |
profitieren. Das Land Niedersachsen investiert 15 Millionen Euro, um an der | |
Fundstelle ein "Forschungs- und Erlebniszentrum" aufzubauen. Nach dem | |
Vorbild der "Arche Nebra" in Sachsen-Anhalt - dort ist die berühmte | |
gleichnamige Himmelsscheibe ausgestellt - soll es Kulturtouristen locken. | |
Bisher, merkte Niedersachsens Wissenschaftsminister Lutz Stratmann (CDU) | |
an, seien die 300.000 bis 400.000 Jahre alten Speere so aufbewahrt worden, | |
dass "sie nicht gezeigt werden konnten". Nun plant er den großen Wurf - | |
dank des Geldsegens des Konjunkturpakets II. Der Minister hofft auf ein | |
Projekt, das nicht nur die Vermittlung von "Wissenschaft auf | |
internationalem Niveau" betreibt, sondern auch "jenseits traditioneller | |
Präsentationsformen" agiert. | |
Dafür gab es ein Extralob von Harald Meller. Er gehört zu jenem Team, das | |
Stratmanns Pläne umsetzen soll und gestern der Öffentlichkeit vorgestellt | |
wurde. Gleich mitgebracht hatte er Gabriele Zipf. Sie konzipierte unter | |
seiner Leitung die "Arche Nebra", die jedes Jahr 280.000 Besucher anlockt | |
und nun das "Abenteuer Forschung" in Schöningen inszeniert. | |
Das Erfolgsrezept heißt laut Meller, "Kontextualisierung". Denn die Speere | |
allein reichten nicht. Man müsse den Leuten die Zusammenhänge erklären. Zum | |
Beispiel: "Was ist an diesem Nachmittag vor 300.000 Jahren passiert?" | |
Schließlich, erläuterte Meller, stammen die Funde aus "dem wichtigsten Teil | |
der Menschheitsgeschichte". Damals sei der Mensch noch nicht Teil | |
staatlicher oder neolithischer Gebilde gewesen, habe also soziale oder | |
kognitive Fähigkeiten ohne gesellschaftliche Prägungen entwickelt. | |
Überdies, ergänzte Stefan Winghart, Präsident des niedersächsischen | |
Denkmalpflege-Amts, gelte es, die Fortschritte der Archäologie und ihrer | |
Begleitwissenschaften zu demonstrieren. Zipf nannte das "den Forschern über | |
die Schulter schauen". Darüber hinaus will sie aus der Archäologie "ein | |
Erlebnis für Leute von acht bis achtzig" machen. | |
Auf diese Klientel hofft Schöningens Bürgermeister Matthias | |
Wunderling-Weilbier. Er bezeichnete den Fund als "letztes Geschenk des | |
Tagebaus", von dem die Stadt 150 Jahre gelebt habe. Mit der Braunkohle gehe | |
es bald zu Ende. Das Forschungs- und Erlebniszentrum "ist deshalb ein | |
entscheidender Baustein für den Strukturwandel". | |
Der sei quasi garantiert, versprach Meller und warf das Stichwort "Spin | |
over-Effekt" in die Runde. Die Eröffnung des Erlebniszentrum Arche hätte in | |
der Einöde Nebras Hotels und Bahnlinien wachsen lassen, die ganze Region | |
sei aufgeblüht. | |
27 Nov 2009 | |
## AUTOREN | |
Michael Quasthoff | |
## TAGS | |
Sachsen-Anhalt | |
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