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# taz.de -- Berliner Adventskalender (6): Die 6-Punkte-Schrift-Ausstellung
> Eine kleine Ausstellung im Museum für Kommunikation erklärt anschaulich
> die Braille-Schrift, mit der Blinde lesen und schreiben können.
Bild: Erfahrung im Museum: Blind "Mensch ärger dich nicht spielen"
Langsam tastend gleiten die Finger über den Würfel, erst Zeige-, dann
Mittelfinger. Konzentriert versucht die braunhaarige Frau zu erraten,
welche Zahl sie gewürfelt hat. Sie sitzt ihrer Freundin gegenüber, die
dicke schwarze Brille, die sie zuvor aufgesetzt hat, verdeckt ihr die
komplette Sicht. "Das ist gar nicht einfach", lacht sie und steckt ihre
Spielfigur zögerlich drei Felder weiter.
Blind "Mensch ärgere dich nicht" spielen, kann man in der Ausstellung
"[1][Sechs Richtige: Louis Braille und die Blindenschrift"] im Museum für
Kommunikation. Sie ist benannt nach den sechs Bausteinen, mit denen Braille
1825 die Blindenschrift konstruierte. Bereits mit 16 Jahren hatte Braille
den Jackpot für Blinde geknackt. Bereits im Vorschulalter erblindet, wollte
Louis dennoch die Welt durch Lesen und Schreiben entdecken. Mit 12
wechselte er auf das Pariser Blindeninstitut, wo er mit einer Schrift aus
zwölf Punkten in Berührung kommt. Diese entwickelt er weiter und kreiert
die 6-Punkte Schrift.
Im etwa 100 Quadratmeter großen Ausstellungsraum stehen fünf
Harry-Potter-Bände im Wandregal. Beim Aufschlagen von "Harry Potter und die
Kammer des Schreckens" springen einem die vielen, hintereinander
aufgereihten weißen Punkte entgegen. Sie als Sehende zu erfühlen ist zwar
spannend, doch für Blinde stecken Geschichten dahinter.
Jeder Braille-Buchstaben besteht aus sechs Punkten, je zwei in drei Reihen
übereinander, die entweder erhaben oder flach sind. Beim "A" ist zum
Beispiel nur der linke obere Punkt erhöht. Die andere fünf sind flach. Beim
"L" sind die drei Linke Punkte erhöht, ein "Q" erkennt man daran, dass nur
der Punkt rechts unten flach ist. So lassen sich Texte mit einem Finger
ertasten. Obwohl Brailles Schrift gut zu lesen und zu schreiben ist, wird
sie erst 1850 offiziell an französischen Blindenschulen eingeführt.
Mittlerweile ist sie weltweit als die Blindenschrift anerkannt.
In acht Stationen führt die Ausstellung durch die Entstehung der
Brailleschrift. So erfährt man, dass es bereits im 18. Jahrhundert eine
Schrift für Blinde gab, ein Buchstabenrelief, das jedoch nicht leicht zu
entziffern war. Brailles Punkte hingegen können von unseren Fingerspitzen
bis zu einem Abstand von 0,5 Mllimetern unterschieden werden. Je nach
Finger werden die Punkte ungleichmäßig schnell erkannt.
Das Schreiben veränderte sich über die Zeit rasant. Anfangs wurde mit
Sichel und Rillentafel geschrieben. Wie aufwändig das Verfahren war, lässt
sich in der Ausstellung nachprüfen. Ein 25-jähriger Besucher klemmt ein
Stück Papier zwischen die kleine Sichel und die Rillentafel. Das
Braille-Alphabet vor sich liegend, beginnt er von rechts nach links die
Punkte mit der Sichel einzudrücken. Den Brief soll eine gute Freundin
bekommen, für die sich der lange Schreibprozess lohne.
Schneller schreiben konnten blinde Menschen bereits Ende des 19.
Jahrhunderts, als die Brailleschriftmaschine erfunden wurde. Sie war der
Anschluss für das Arbeiten im Büro. Der binäre Code von Braille wurde im
Computerzeitalter ebenso einfach umgewandelt, so dass Rechner heute mit
Hilfe einer Braillezeile problemlos bedient werden kann.
Noch bis zum 10. Januar ist die Ausstellung zu sehen. Ein vorheriger Anruf
im Museum könnte aber nicht schaden. Es kann nämlich gut sein, dass der
Raum für Besucher nicht zugänglich ist. Bei der ersten Recherche zu diesem
Adventskalender hatten sieben kleine Knirpse samt Geburtstagskind den Raum
besetzt. Gefeiert wurde der 7. Geburtstag im pädagogischen Ambiente.
Morgen: Das LKA 7
6 Dec 2009
## LINKS
[1] http://www.mfk-berlin.de/nc/ausstellung/aktuelle-ausstellungen/details/even…
## AUTOREN
Marsida Lluca
## TAGS
tazbehinderung
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