# taz.de -- Heizpilzverbot lässt auf sich warten: In Mitte sprießen noch Pilze | |
> Trotz des Verbots in fünf Bezirken stellen Gastronomen noch Heizpilze | |
> auf. Ein bezirksübergreifendes Gesetz zum Verbot der Energiefresser lässt | |
> auf sich warten. | |
Bild: Heizpilze auf dem Gendarmenmarkt | |
Zwei große, etwa 2,50 Meter hohe, graue Heizpilze stehen einsam auf dem | |
Bürgersteig vor dem Restaurant Oranium in der Oranienburger Straße. Kein | |
einziger Gast ist am Abend draußen zu sehen. Dennoch erklärt der | |
stellvertretende Geschäftsführer: "Wir wollen es unseren Rauchern angenehm | |
machen, wenn sie draußen in der Kälte stehen." Busgeld hätten sie bisher | |
nicht zahlen müssen, man stehe aber "im Gespräch" mit dem Ordnungsamt | |
Mitte. Von dort erfährt man, dass gegen das Restaurant bereits ein | |
Ordnungswidrigkeitsverfahren läuft. | |
Carsten Spallek (CDU), Ordnungsstadtrat von Mitte, sagt: "Wir haben dieses | |
Jahr insgesamt 22 eingeleitete Verfahren, davon 10 in diesem Winter." Die | |
Bußgelder lägen je nach genutzter Fläche zwischen 50 und 200 Euro. "Eine | |
Entziehung der Gewerbeerlaubnis wegen zwei Heizpilzen halte ich aber für | |
gerichtlich nicht bestandsfähig", so Spallek. | |
Obwohl die mit Propangas betriebenen Heizpilze in Mitte sowie in vier | |
weiteren Bezirken seit Januar 2009 verboten sind, kümmert das einige Wirte | |
wenig. Sie nutzen weiterhin die Energiefresser, die in einer Stunde rund | |
zwei Kilogramm Kohlendioxid ausstoßen. Werden sie mehrere Stunden am Tag | |
angezündet, kann sich das im Jahr auf 2.000 Kilogramm summieren. So viel | |
CO2 verbraucht nach Rechnung des BUND Berlin ein Auto, das 12.000 Kilometer | |
im Jahr fährt. | |
Die Klage eines Gastwirtes, der Heizpilze aufstellen wollte, wies das | |
Verwaltungsgericht im Mai 2009 mit der Begründung ab: "Die Bezirke sind | |
befugt, eine eigenständige Klimaschutzpolitik zu betreiben." | |
Ein paar tun dies bereits - mit Erfolg: Außer in Pankow und | |
Friedrichshain-Kreuzberg sind die Pilze auch in Charlottenburg-Wilmersdorf | |
und Tempelhof-Schöneberg verboten. Jens-Holger Kirchner (Grüne), | |
Ordnungsstadtrat von Pankow, sagt: "Wir haben die überraschende Erfahrung | |
gemacht, dass in unserem Bezirk tatsächlich keine Heizpilze mehr stehen." | |
Ihm seien daher auch keine Sanktionen bekannt. | |
Auch in Friedrichshain-Kreuzberg sind Heizpilze nach Angaben von | |
Ordnungsstadtrat Peter Beckers (SPD) kein nennenswertes Problem. Während im | |
Frühjahr 2009 noch 30 Betriebe verwarnt wurden, gebe es diesen Winter | |
bisher keine Fälle. | |
Seit einem Jahr will Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke) die Heizpilze | |
in der ganzen Stadt verbieten lassen. Einen entsprechenden Paragrafen gibt | |
es in einem Entwurf zum Klimaschutzgesetz. Der liegt seit Mai 2009 vor, ist | |
aber noch nicht verabschiedet. Aus Lompschers Verwaltung heißt es: "Eine | |
landesweite einheitliche Regelung wird es erst in der nächsten Heizperiode | |
2010 geben." Ob das Klimaschutzgesetz im kommenden Sommer wirklich | |
verabschiedet werde, sei noch offen. | |
Felicitas Kubala, umweltpolitische Sprecherin der Grünen, drängt auf | |
rasches Handeln: "Ich hoffe, das Gesetz wird nicht mehr auf die lange Bank | |
geschoben." Denn das Heizpilzverbot der Bezirke gelte nur über eine | |
Sondernutzungserlaubnis für öffentliche Straßen, also nur, wenn die | |
Heizpilze zum Beispiel auf dem Bürgersteig stehen. Das Klimaschutzgesetz | |
hingegen würde die Heizpilze auch auf Privatgelände verbieten. | |
Kubala sieht die Beheizung von Straßen als reinen Irrsin an: "Das ist eine | |
Lebensstilfrage. Müssen wir draußen in der Kälte unbedingt einen Kaffee | |
trinken?, fragt er. | |
5 Dec 2009 | |
## AUTOREN | |
Marsida Lluca | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
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