# taz.de -- Entwürfe für die Berliner Mitte: Viel Platz für raumgreifende Id… | |
> Berlins Senatsbaudirektorin Regula Lüscher stellt "Visionen" für ein | |
> "Rathausforum" vor. Die Rekonstruktion von Alt-Berlin fehlt. | |
Bild: Vision 1: Die Uferterassen. Alles wird unter Wasser gesetzt | |
An Weihnachten gehen Wünsche in Erfüllung. Wenn das stimmt, gab es für | |
Senatsbaudirektorin Regula Lüscher schon am Mittwoch die Bescherung. Fünf | |
Visionen für die Zukunft der Freifläche zwischen Fernsehturm und Spree | |
haben ihr drei renommierte Architekturbüros übergeben. Am heutigen | |
Donnerstagabend sollen sie erstmals mit den Berlinerinnen und Berlinern | |
diskutiert werden. Eine Rekonstruktion von "Alt-Berlin", wie sie der | |
Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und Kulturstaatssekretär André | |
Schmitz (beide SPD) fordern, liegt nicht auf dem Gabentisch. | |
Uferterrassen, Archäologischer Garten, Städtische Bühne, Esplanade und | |
Stadtpark heißen die Themen, für die die Büros Kiefer, David Chipperfield | |
und Graft suggestive Bilder entworfen haben. "Bislang gab es nur das Bild | |
der Wiederbebauung", sagte Lüscher bei der Vorstellung. "Nun haben wir auch | |
Bilder, die zeigen, wie ein öffentlicher Freiraum ohne eine Bebauung | |
aussehen kann." Die Befürworter einer historischen Rekonstruktion ludt | |
Lüscher ausdrücklich zur Diskussion ein. | |
Die Diskussion über die Freifläche, die die Senatsbaudirektorin nun | |
"Rathausforum" nennt, war nach der Entscheidung für den Stella-Entwurf zum | |
Bau des Humboldtforums entbrannt. Anders als Wowereit und Schmitz hat | |
Lüscher immer wieder betont, dass es sich dabei um einen "öffentlichen | |
Freiraum" handele. Dies hat zuletzt auch das Abgeordnetenhaus bestätigt. | |
Für die Planung und die Umsetzung will sich der Senat Zeit nehmen. Bis 2017 | |
wird auf dem Marx-Engels-Forum die Baustelleneinrichtung für die | |
Verlängerung der U 5 stehen. Allerdings soll ein "Entwicklungskonzept" noch | |
vor den Wahlen 2011 vom Senat und vom Abgeordnetenhaus verabschiedet | |
werden. Dieses soll dann die Grundlage für die Ausschreibung eines | |
Wettbewerbs sein, der für 2012 vorgesehen ist. Den langen Zeitraum hält | |
Lüscher auch für nötig, um einen "intensiven Diskussionsprozess" zu führen. | |
Machbarkeitsstudien und Kostenanalysen soll es deshalb erst ab 2010 geben. | |
Die Visionen werden am Donnerstag, 17.12.09, bei einer Bürgerwerkstatt | |
vogestelltr. Beginn um 18 Uhr in der Spandauer Straße 2 in Mitte. | |
VISION 1: Die Uferterrassen | |
Das wohl radikalste Bild der Zukunft am Rathausforum ist ein Hafen. Die | |
Fahrgastschiffe auf der Spree stünden nicht länger im Stau, die Spandauer | |
Straße würde zur Brücke und die Uferbereiche markierten eine klare Kante | |
zwischen Wasser und Stadt. Die Wasserfläche wäre doppelt so groß wie beim | |
Humboldt-Hafen - für Lüscher eine "atemberaubende Vorstellung". Unklar ist | |
allerdings, ob der städtische Untergrund Platz für genügend Wassertiefe | |
lässt. Wenn nicht, könnte aus dem Hafen ein Planschbecken werden. Die | |
Kinder würde es freuen. Die DDR-Fans freilich weniger: Im Gegensatz zu den | |
vier anderen Entwürfen müssten Marx und Engels weichen. | |
VISION 2: Archäologischer Garten | |
Hier kommen die Fans von Alt-Berlin auf ihre Kosten. Weil die Marienkirche | |
nicht länger unter Straßenniveau liegen soll, wird die Platzoberfläche | |
abgetragen - zum Vorschein kommen die Fundamente und Kellergeschosse der | |
mittelalterlichen Bebauung von Alt-Berlin. Das Ergebnis ist ein | |
Geschichtsparcours, zu dem auch die Fundamente des gesprengten | |
Stadtschlosses sowie der Petrikirche an der Gertraudenstraße gehören | |
sollen. Am Marx-Engels-Forum dokumentieren darüber hinaus Spazierwege die | |
historische Straßenführung. Den oder die Regierende BürgermeisterIn ab 2017 | |
dürfte der Archäologische Garten allerdings weniger freuen. Er oder sie | |
müsste Berlin regieren - und auf Ruinen schauen. | |
VISION 3: Städtische Bühne | |
Nie wieder Rummel am Brandenburger Tor, wozu haben wir den Rummelplatz | |
zwischen Schloss und Fernsehturm? Was von den Architekten Städtische Bühne | |
genannt wird, ist ein leerer Raum, der je nach Bedarf möbliert und bespielt | |
werden kann. An den Tagen dazwischen aber kann er auch zur Agora werden, | |
zum Stadtplatz, an dem die Berliner fernab von Starbucks und Frittenbuden | |
promenieren und demonstrieren können. Vor allem der Toskana-Fraktion dürfte | |
der Platz gefallen, kommt er mit seinem steinernen Pflaster doch dem | |
Sehnsuchtsbild einer Piazza am nächsten. Doch Vorsicht im Roten Rathaus: | |
Kirmes und Coca-Cola Award erfordern den Einbau von Schallschutzfenstern. | |
VISION 4: Esplanade | |
Nicht Park, nicht Agora, sondern von allem ein bisschen - das ist die | |
Vision der Esplanade, die damit dem Ist-Zustand am Marx-Engels-Forum am | |
nächsten kommen dürfte. Anders als die Städtische Bühne verzichtet die | |
Esplanade auch auf eine architektonische Fassung, für den Abstand zur Stadt | |
sorgen lediglich die Bäume am Rand. Gut für Paris-Fans. Mit der | |
Schlosskopie von Francesco Stella und der Esplanade kann es Berlin endlich | |
mit den Tuilerien und dem Louvre aufnehmen. Naja, ein bisschen wenigstens. | |
VISION 5: Der Stadtpark | |
Ginge es nach dem Votum der Berliner, könnte die Vision eines Stadtparks | |
gute Chancen haben, einer Rekonstruktion von Alt-Berlin den Rang | |
abzulaufen. Immerhin würde zwischen Alex und Spree die größte Grünfläche | |
zwischen Tiergarten und dem Volkspark Friedrichshain entstehen. So weit | |
reicht das Grün im Entwurf, dass es sogar den Fernsehturm, das Kino Cubix | |
und die Marienkirche umzingelt. Das ist gut für ein Nickerchen während der | |
Mittagspause - und auch gut fürs Klima, wie die Senatsbaudirektorin betont. | |
17 Dec 2009 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
Uwe Rada | |
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Humboldt Forum | |
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