# taz.de -- Tod der NS-Gegnerin von Moltke: "Ein Mensch voller Mut" | |
> Trauer um eine der letzten NS-Widerstandskämpferinnen: Freya Gräfin von | |
> Moltke ist am Neujahrstag 98-jährig in den USA gestorben. | |
Bild: Mit der Kanzlerin: Freya Gräfin von Moltke (l.). | |
KARLSRUHE afp | "Ein Mensch voller Mut", sei Freya Gräfin von Moltke | |
gewesen, schreibt die nach ihr benannte Stiftung über die nun verstorbene | |
Gattin des 1945 hingerichteten NS-Widerstandskämpfers Helmuth James Graf | |
von Moltke. Und in der Tat: Es gehörte Mut dazu, sich im Widerstand des | |
"Kreisauer Kreises" zu engagieren, beim obersten Blutrichter der Nazis, | |
Roland Freisler, um das Leben des Ehemannes zu betteln, oder sich nach dem | |
Krieg dafür einzusetzen, dass das in Polen gelegene Familiengut zu einer | |
Begegnungsstätte für die europäische Verständigung wird. | |
Die Gräfin, die am Freitag in ihrer Wahlheimat in den USA 98-jährig an | |
einer Virusinfektion starb, wurde 1911 als Bankierstochter in Köln geboren. | |
Beim Jurastudium lernte die 18-Jährige Helmuth James Graf von Moltke | |
kennen. 1931 heiratete sie ihn und zog auf das Familiengut Kreisau unweit | |
von Breslau im damaligen Niederschlesien. Dort wurden auch 1937 und 1940 | |
ihre beiden Söhne Caspar und Konrad geboren. | |
Ihr Ehemann war unterdessen Sachverständiger für Kriegs- und Völkerrecht | |
beim Oberkommando der Wehrmacht (OKW) geworden und nutzte seine Stellung | |
zum Widerstand gegen das NS-Regime. Auf dem heimischen Gut baute von Moltke | |
zudem mit Unterstützung seiner Frau eine Widerstandsgruppe auf, die nach | |
ihrer Enttarnung von der Gestapo "Kreisauer Kreis" genannt wird. | |
Auf den von Freya von Moltke organisiert Treffen wollten die rund 20 | |
aktiven Mitglieder der Gruppe, darunter Adlige, Sozialisten und | |
Kirchenvertreter, eine Neuordnung für Deutschland nach dem Ende des | |
NS-Regimes entwickeln. "Die Kreisauer gehörten zu den ersten, die | |
europäisch dachten. Sie planten für ein demokratisches Deutschland | |
innerhalb eines vereinten Europas", sagte die Gräfin später. | |
Freya von Moltke ist es auch zu verdanken, dass die rund 1600 Briefe, die | |
ihr Mann von 1939 bis zu seiner Hinrichtung im Januar 1945 an seine Frau | |
schrieb, der Nachwelt erhalten blieben. Seine täglichen "Briefe an Freya" | |
gehören laut der Freya-von-Moltke-Stiftung zu den wichtigsten Zeugnissen | |
des Widerstandes der Hitler-Diktatur. Ihre Veröffentlichung machten Freya | |
von Moltke international bekannt. | |
Nach dem Krieg und dem Verlust des Guts in Niederschlesien zog Freya von | |
Moltke mit ihren Kindern nach Südafrika zu Verwandten ihres Mannes und | |
arbeitete dort als Sozialarbeiterin. Doch das Apartheid-Regime war ihr | |
verhasst. Sie kehrte 1956 nach Deutschland zurück, doch auch hier hielt es | |
sie nicht lange. 1960 siedelte sie zu ihrem Lebensgefährten, dem | |
Sozialphilosophen Eugen Rosenstock-Huessy, in den US-Bundesstaat Vermont | |
über. | |
1990 engagierte sich Freya von Moltke schließlich dafür, dass das | |
Familiengut in Polen zu einer europäischen Begegnungsstätte für Jugendliche | |
wird. Bis zu 30.000 Übernachtungen im Jahr gibt es dort inzwischen, und | |
junge Menschen diskutieren über das Europa der Zukunft. So wie vor rund 60 | |
Jahren es Gräfin und die anderen Kreisauer taten. | |
5 Jan 2010 | |
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NS-Widerstand | |
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