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# taz.de -- Humboldt-Forum mit Biolek: Vier Contrapunkte zum Preußenschloss
> Alfred Biolek präsentiert die Weltsicht von vier Berlinern mit
> Migrationshintergrund. Und ganz nebenbei wird klar, dass die geplante
> Schlossreplik ein Ort für gesellschaftliche Reflexion sein könnte.
Bild: Soll ein Ort für gesellschaftliche Reflexion werden: die Schlossreplik d…
Das also könnte die Mitte der Republik sein. Vier Berliner tauschen sich
auf einem Podium über ihre Erfahrungen aus: eine Ethnologin aus Guatemala,
die zu Gewalt in Palästina forscht; ein Informatiker aus Nigeria, der über
klassischen Tanz erzählt; eine Schriftstellerin aus der Türkei, die
beidseits der Berliner Mauer gelebt hat; ein Stammesfürst aus der Mongolei,
der vom Schamanentum der Germanen schwärmt.
"Blickwechsel" hieß die Veranstaltung, zu der die "[1][Initiative
Humboldt-Forum]" am Montagabend ins Pergamonmuseum geladen hatte. Eine neue
Perspektive bekamen die rund 250 von Starmoderator Alfred Biolek ins Museum
gelockten Zuschauer nicht nur durch die Erzählungen der vier Berliner
Migranten.
Vor allem änderte die Runde die Sicht auf ein Projekt, das an diesem Abend
mit keinem Wort erwähnt wurde: das Schloss. Jahrelang wurde über die Hülle
des Gebäudes für die Mitte der Stadt gestritten. Doch die Debatte über die
Inhalte blieb seltsam blass. Der avisierte Umzug der ethnologischen
Sammlungen von Dahlem in die Schlosskopie klang wie ein Notnagel.
Dass das "Museum der Kulturen" auch als Ort aktueller gesellschaftlicher
Reflexion verstanden werden kann, versucht die "Initiative Humboldt-Forum"
zu demonstrieren. Ihr gehören etwa der ehemalige Stadtentwicklungssenator
Volker Hassemer (CDU) oder die Vizepräsidentin der Akademie der Künste,
Nele Hertling, an. Projektmanagerin ist Anett Szabó, einst Mutter des
Karnevals der Kulturen.
Entsprechend war das Podium besetzt. [2][Olayinka Shitu] erzählte, wie er
nach seiner Flucht aus Nigeria in Berlin ein neues Zuhause fand, auch weil
er nach seinem Auftritt in dem Tanzprojektfilm "Rhythm is it!" von gleich
rund 20 Familien quasi adoptiert wurde. Die Guatemaltekin Christiane Milian
Escobar schwärmte davon, dass Kinder hier ohne Sicherheitsbegleitung zur
Schule radeln können, und der Mongole [3][Galsan Tschinag] von Goethe.
Highlight aber war die Schriftstellerin [4][Emine Sevgi Özdamar], die
amüsant von den 60er-Jahren erzählte, in denen sie sich als junge Türkin
der linken Szene in Berlin auch körperlich näherte.
Die vier verbindet kaum mehr, als dass sie alle zumindest zeitweise in
Berlin leben. Auch ihren Bezug zum Humboldt-Forum ließ Biolek bewusst
offen. Das müsse jeder für sich herausfinden, meinte der Moderator.
Dabei ist unübersehbar: Mit Blick auf das Schloss sind die Geschichten ein
Statement an sich. In ihrer Ausrichtung sind sie vergleichbar mit der
Installation "Der Bevölkerung", die der Künstler Hans Haacke im Jahr 2000
in einem der Reichstagshöfe realisiert hatte - als Contrapunkt zu der über
dem Portal des Parlamentsgebäudes prangenden Inschrift "Dem deutschen
Volke", die einem überholten nationalen Volksbegriff huldigen.
Nun macht sich die Humboldt-Initiative auf, die Schlossreplik zu
entstauben. Ihrem Konzept würde eine adäquat moderne Architektur gut zu
Gesicht stehen. Aber auch aus dem Kontrast zum Preußenstuck könnte es
Gewinn ziehen. Die Vorsitzende der Initiative, Christine von Heinz,
bezeichnete die Zuhörer am Montag als "opinion leader", die die Idee eines
zeitgenössischen Ortes der Begegnung und des kulturellen Austauschs in die
Welt tragen könnten. Zumindest bis zum Schlossplatz sollte sie es schaffen.
13 Jan 2010
## LINKS
[1] http://www.initiative-humboldt-forum.eu/
[2] http://www.olayinka.de/index.php
[3] http://www.galsan.info/
[4] http://de.wikipedia.org/wiki/Emine_Sevgi_%C3%96zdamar
## AUTOREN
Gereon Asmuth
Gereon Asmuth
## TAGS
Fernsehen
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