Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kindesmissbrauch in Nordirland: Druck auf Gerry Adams nimmt zu
> Erneut erheben zwei Frauen aus dem Umfeld der IRA Vorwürfe des
> Kindesmissbrauchs.
Bild: Die Rücktrittsforderungen an den Präsidenten der Sinn Féin Gerry Adams…
DUBLIN taz | Die Rücktrittsforderungen an den Präsidenten von Sinn Féin,
Gerry Adams, werden lauter. Da waren zunächst die Enthüllungen über seinen
Bruder Liam Adams, der seine eigene Tochter jahrelang missbraucht haben
soll. Gerry Adams wusste von den Vorwürfen seit 1987. Dennoch ließ er es
zu, dass sein Bruder in Belfaster Jugendprojekten arbeitete. Dass er davon
nicht wusste und auch keine Ahnung von der Parteimitgliedschaft seines
Bruders hatte, glauben ihm selbst viele seiner Anhänger nicht.
Nun sind zwei weitere Kindesmissbrauchsfälle bekannt geworden, in denen
Gerry Adams untätig geblieben sein soll. Die Dubliner Sunday Tribune
berichtet, dass sich zwei Frauen an sie gewandt und schwere Vorwürfe
erhoben haben. Die eine ist die Großnichte des ehemaligen
IRA-Generalstabschefs Joe Cahill, der vor sechs Jahren gestorben ist. Die
andere ist die Tochter eines "legendären Belfaster IRA-Kommandanten". Namen
nannte das Blatt nicht. Das tat aber die Belfaster Zeitung Irish News am
Montag. Sie veröffentlichte den Namen der Person, die für die Tortur des
Mädchens verantwortlich sein soll. Es ist eine Frau: Breige Meehan von Sinn
Féin, dem politischen Flügel der inzwischen entwaffneten IRA. Es geschah
vor 40 Jahren, damals war das Mädchen zehn. Ihre Mutter war an Krebs
gestorben, ihr Vater saß im Gefängnis. So kam sie in die Obhut von Meehan.
Die habe sie im Dachboden eingesperrt, bisweilen auch in einer Hundehütte.
Meehan habe sie mit einem Gürtel geschlagen, Zigaretten auf ihren Fußsohlen
ausgedrückt und sie zu sexuellen Handlungen gezwungen.
Es dauerte ein Jahr, bis die Behörden reagierten. Nachbarn hatten sie
informiert. Das Mädchen kam zur Großmutter, später ins Heim. Danach waren
ihre beiden Brüder Misshandlungen ausgesetzt. Erst vor zwei Jahren traute
sich die Frau mit ihren Brüdern zur Polizei und zeigte Meehan an. Sie
informierte die IRA und Gerry Adams. Der versprach, die Verantwortliche aus
der Partei zu werfen. Das geschah erst am Montag, nachdem die Irish News
ihren Namen veröffentlicht hatte.
Der zweite Fall liegt ähnlich. Frau Cahill, die nicht möchte, dass ihr
Vorname in der Zeitung erscheint, ist nach eigenen Angaben im Sommer 1997
Dutzende Male von einem prominenten IRA-Mann vergewaltigt worden. Sie
wohnte bei ihm, weil ihre Eltern verreist waren. Sie war damals 16. Sie
vertraute sich ein Jahr später Sinn Féin und der IRA an. Die Organisationen
zwangen sie zu einer Gegenüberstellung mit dem Mann, der die
Vergewaltigungen leugnete. Ein paar Wochen später erklärte die IRA den Fall
für abgeschlossen.
Erst als zwei ihrer Cousinen im Sommer 2000 aussagten, dass sie ebenfalls
von dem Mann vergewaltigt worden seien, stellte die IRA ihn unter
Hausarrest. Er konnte jedoch angeblich in die Republik Irland flüchten.
Cahill wandte sich an Gerry Adams. Er soll über die Flucht lapidar gesagt
haben: "So etwas passiert eben manchmal." Im Jahr 2006 unternahm Cahill
einen Selbstmordversuch.
Sinn Féin ist die einzige Partei, die in beiden Teilen Irlands organisiert
ist, aber sie läuft Gefahr, in der Republik Irland zur Randerscheinung zu
werden. Erst vorige Woche ist ein Dubliner Stadtverordneter aus der Partei
ausgetreten. Es war bereits der vierte in sechs Monaten. Bei den Wahlen
2007 verlor die Partei einen Abgeordnetensitz und voriges Jahr einen Sitz
im Europa-Parlament. Die Beschuldigungen der beiden Frauen sind für Sinn
Féin deshalb eine Katastrophe.
RALF SOTSCHECK
21 Jan 2010
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
Ralf Sotscheck
## TAGS
Irland
## ARTIKEL ZUM THEMA
Sexueller Missbrauch in Irland: Als die Kindheit endete
Ein Bericht veröffentlicht 2.400 Fälle sexuellen Missbrauchs an
katholischen Schulen in Irland in den letzten 30 Jahren. Entschädigungen
gibt es nicht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.