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# taz.de -- Singersongwriterin Scout Niblett: Quälen und gequält werden
> Sie hat mit Bonnie "Prince" Billie im Duett gesungen und wurde mit Cat
> Power verglichen - das neue Album der Sängerin Scout Niblett ist quälend
> und schön.
Bild: Scout Niblett hat es auch nicht immer leicht - kann davon aber raumgreife…
Auf dem Cover ihres neuen Albums steht Scout Niblett in einem Hobbyraum mit
einem Bunsenbrenner in der Hand und grinst stolz in die Kamera. "The
Calcination of …" ist ihr fünftes Werk. Und es ist, nach einem Ausflug ins
klassische Songwritertum und opulent orchestrierten Duetten mit Will
Oldham, eine Rückkehr ins Spartanische.
Gleichwohl ist es das, wenn man das so sagen kann, intensivste Album von
ihr. Dabei funktioniert es nach bewährten Rezepten. Es präsentiert nicht
viel mehr als Emma Niblett und ihren Gesang, der vom Weinerlichen ins
Anklagende, vom Beschreibenden zum kindlich Singenden wechseln kann, und
zwar von einem Ton zum anderen.
Dazu gibt es ein ordentliches Rockschlagzeug, das oft pausieren darf, eine
Gitarre und ein Distortionspedal, auf das die junge Frau nur allzu gern
tritt. Die Musik von Scout Niblett ist eine dramatische. Es ist die Musik
einer quälenden und gequälten Person, die, wenn nicht Indierock, so
zumindest viel Grunge gehört haben muss und sich dafür bis zum Abwinken
Vergleiche mit Cat Power und PJ Harvey anhören darf. Dabei ist sie kein
Abklatsch dieser Vorbilder, sie spielt längst in derselben Liga.
Nichts wabert, nichts schwiemelt herum. "The Calcination of …": Vielmehr
geht es um Feuer, um Katharsis oder vielmehr um die Asche, die übrig
bleibt. "Kalzinierung ist die dritte Stufe von insgesamt sieben in der
Alchemie", erklärt Emma Niblett auf dem Sofa in zehn Zentimeter Entfernung.
Sie ist sehr offen in diesem Interview. Erzählt von Astrologie, von Neptun,
dem sie das dritte Album "Kidnapped By Neptune" gewidmet hat, und von
Pluto, der Pate für das gleichnamige Stück auf diesem Album stand. Die
äußersten Planeten und ihre von Astrologen zugeschriebenen dunklen Kräfte.
Das Licht ist anderswo. Keine Sonne, kein Merkur. Was nicht heißt, dass
Scout Niblett Doom Metal macht. Gar nicht.
Aber sie lässt sich von stellaren Konstellationen beraten, und zwar
täglich. Und sie sagt Dinge wie, dass es ihr immer um die Kunst geht und
nicht um die kommerziellen Aspekte derselben. "The Calcination of …"
erscheint beim Chicagoer Label Drag City und nicht auf Too Pure wie die
Vorgängerplatten. "Sie haben mich fallen gelassen, weil ich nicht genug
Alben verkauft habe", sagt sie. Und sie sagt, dass die Musik ihre Form von
Selbsttherapie ist, immer war, immer bleiben wird. Auf der Vortour zum
Album war sie allein, ihr Stammdrummer Kristian Goddard heiratet und muss
sich daher einen proper job suchen; sie sucht jetzt nach einem neuen
Schlagzeuger. Mehr braucht sie nicht. Sie braucht keinen Bass, keine Villa,
keine Fanclubs.
Was sie braucht, ist Reduktion. Aus persönlichen Gründen und aus Gründen
des musikalischen Ausdrucks. Den perfekten Partner hat sie schon länger in
Steve Albini (Produzent von Nirvana, den Pixies, den Stooges) gefunden.
Albini hat auch dieser Platte zu Dichte, Intensität und Transzendenz
verholfen: Es beginnt mit einem Riff, einer verzerrten Gitarre, die nicht
immer perfekt gespielt ist. Ein emotionaler Raum öffnet sich: in dem Emma
Scout Niblett steht. Und sie kann das, einen Raum verwandeln. Ihre Konzerte
zeugen davon. Ihre Platten zeigen, woher dieses Können kommt. Man muss
nicht esoterisch drauf sein, um das zu verstehen.
23 Jan 2010
## AUTOREN
René Hamann
## TAGS
Folkmusik
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