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# taz.de -- Poona: Urlaub im Buddha-Feld
> Wo vor 20 Jahren die Bhagwan-Kommune mit Sex die Öffentlichkeit
> aufschreckte, wird heute gepflegt geurlaubt, meditiert und entspannt
Bild: Im Osho Park, Poona
Poona, heute offiziell Pune genannt, an einem grauen Samstagmorgen. Ich
schließe mich einer Gruppe von zwanzig Neuzugängern an, die sich vor dem
mächtigen Holztor zum Osho International Meditation Resort zur einführenden
Tour durch das Gelände versammelt hat. Ein Monsunschauer erfrischt die Luft
und bringt das Grün der dichten Vegetation des riesigen Gartens zum
Glänzen. Eine schlanke Inderin mit wallendem Haar, in eine knöchellange,
weinrote Robe gekleidet, stellt sich als unsere Betreuerin vor. Ihr Name:
Sadhana. Das bedeutet Hingabe.
Zunächst werden wir fotografiert und jeder erhält einen Passierschein mit
Passbild. Ohne diesen Ausweis darf niemand das Holztor passieren. Wir, das
sind knapp zwanzig Männer und Frauen zwischen 25 und 35, einige auch
deutlich darüber. Die meisten sind Inder, andere stammen aus Europa und
Amerika. Viele sind eingespannt in einen Karrierejob und deswegen vermögend
genug, sich einen Meditationsurlaub leisten zu können. "Die Leute, die
hierherkommen, sind außergewöhnlich. Sie sind sehr talentiert", meint
Sadhana. "Es sind Künstler darunter, viele Computeringenieure, Ärzte oder
Institutsleiter. Sie alle kommen hierher und geben ihr gutes Geld aus." Das
Resort, das ist sichtbar, floriert.
Ich werde in einen kleinen, schwarz gekachelten Raum gebeten, wo mir ein
freundlicher Inder mit einer Nadel in den Finger piekst. Er brauche Blut
für einen Aids-Test, sagt er. Nachdem wir alle unsere HIV-Unschuld bewiesen
haben, schlüpfen wir in rote Roben. Sadhana führt uns über weiße Marmorwege
durch eine üppige tropische Gartenlandschaft mit Palmen, Bambusstauden und
Hibiskussträuchern. Wir werfen einen Blick in das vegetarische Restaurant
Zorba the Buddha, passieren einen Buchladen und sammeln uns in der Lobby
der sogenannten Multiversität, um einen Überblick über das Kursangebot zu
erhalten: Selbsterfahrung, Meditation, künstlerische und sportliche
Aktivitäten.
Später passieren wir futuristisch anmutende Pyramidenbauten mit blau
getönten Fenstern, außen vollständig mit schwarzem Marmor verkleidet. Im
selben Design präsentiert sich auch das riesige Osho-Auditorium, wo sich -
wie einst - die Gemeinde morgens und abends zur Massenmeditation trifft.
"Blaue Fenster beeinflussen den Puls und damit die Qualität der
Meditation", erklärt der Architekt Siddhena aus Kanada. "Schwarze Gebäude
wirken zunächst abweisend, wecken aber auch Neugier. Für mich besitzen die
schwarzen Gebäude die Qualität des Zen!"
Sadhana bittet uns in ein weißes Wohnhaus. Wir legen die Schuhe ab und
betreten einen nüchtern weiß getünchten Raum ohne jegliches Mobilar. Auf
Meditationskissen am Boden sitzend scharen wir uns um einen Fernseher und
schauen das obligatorische Einführungsvideo an. Darin werden markante Orte
innerhalb des Resorts vorgestellt und in humorvollen Sketchen richtiges
Verhalten und Hygiene eingeübt: "Herzlich willkommen in der internationalen
Osho-Kommune. Sie sind gerade dabei, eine ganz neue, ungewohnte Welt zu
betreten, nämlich das Buddha-Feld eines erhabenen Meisters."
Eine kurze Aussprache über den Film, ein paar körperliche
Lockerungsübungen, dann führt uns Sadhana in die Dynamische Meditation ein,
Oshos Markenzeichen: eine Synthese aus östlicher Geistesübung und
westlicher Psychotechnik. Sadhanas Anweisungen folgend schließe ich die
Augen und beginne heftig und unregelmäßig zu atmen. Meinen ungeübten Lungen
geht schon bald die Puste aus und ich bin froh, als ein Gong ertönt und die
Übung beendet ist, damit ich nicht hyperventiliere.
Doch es geht gleich weiter. Wir sollen toben, brüllen, mit geballten
Fäusten in die Luft boxen, Aggressionen herauskotzen. Seltsam, schon nach
einigen Minuten lässt meine Wut nach und meine Bewegungen werden deutlich
langsamer. Nach fünf Minuten der rettende Gong. Nun wird es spaßig. Mit
erhobenen Händen hüpfen wir auf und ab, lassen die Fersen spürbar laut den
Boden berühren und rufen dabei Huhu!
Diesmal halte ich die fünf Minuten locker durch, bis plötzlich die Musik
abbricht und alle wie versteinert stehen bleiben. Mit geschlossenen Augen
schauen wir in uns und ergründen unsere Energieströme. Zum Schluss ertönt
wieder Musik und wir lassen unsere Körper fünf Minuten lang sanft im
Rhythmus mitschwingen. "Im Gegensatz zu allen anderen Meditationen wird die
dynamische im Stehen ausgeführt, erläutert Sadhana. "Zum Zweiten enthält
diese Meditation eine Katharsis, damit ist das Herauswerfen inneren Mülls
gemeint. Keine andere Meditation erlaubt es, auszuflippen, zu schreien, zu
wüten."
Zeit zur Entspannung. Am Swimmingpool mit olympischen Ausmaßen. "Ich kenne
Teile der Geschichte dieses Ortes aus Erzählungen von Freunden, die vor
dreißig, vor zwanzig Jahren hier waren", meint die 34-jährige
Sozialarbeiterin Andrea aus Augsburg, die sich trotz Wolken in den Pool
gewagt hat. "Aber das ist im Grunde für mich nicht wichtig. Was ich hier
wirklich erfahren habe, ist, dass sich alles ständig verändert. Für mich
ist es nicht wichtig, ob das mal ein Ashram war oder ob es jetzt ein
Meditationsresort ist. Es ist, was es ist, und ich genieße das, was ich
hier vorfinde."
6 Feb 2010
## AUTOREN
Rainer Hörig
## TAGS
Reiseland Indien
Yoga
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