Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Bezirke dürfen Vaterschaften anfechten: Gentest für binationale E…
> Seit knapp zwei Jahren dürfen die Bezirke Vaterschaften bei binationalen
> Kindern anfechten. Eltern müssen zum Gentest - sonst gibt es keine
> Aufenthaltserlaubnis.
Bild: Vater oder nicht? Für die Ausländerbehörde soll ein Gentest Gewissheit…
Mehrere Rechtsanwälte erheben schwere Vorwürfe gegen die Ausländerbehörde:
Sie würde unverheiratete Eltern binationaler Kinder unter Generalverdacht
stellen und dem nichtdeutschen Elternteil die Aufenthaltserlaubnis
verweigern, wenn sie nicht "freiwillig" zum Gentest gehen.
"Ich habe sogar Mandanten, die zum Gentest geschickt wurden, um
festzustellen, ob der Vater tatsächlich der Vater ist", sagt Anwältin
Katarina Fröbel. Das dürfen ihrer Überzeugung nach Behörden nicht, sondern
lediglich Gerichte. Der Gentest müsse durch die jungen Familien in der
Regel auch selbst bezahlt werden.
"Sie bekommen die Adresse von zwei Instituten, dürfen also noch nicht
einmal frei wählen", so Fröbel. Die Kosten: rund 500 Euro. Bis ein Ergebnis
vorliege, bekäme der nichtdeutsche Elternteil nur eine Duldung. Damit hat
er keinen Anspruch auf Integrationskurse und keinen Zugang zum
Arbeitsmarkt. Auch der Bezug von Kinder- und Erziehungsgeld sei dann
schwierig, in Einzelfällen sogar unmöglich.
Juristische Grundlage ist ein Bundesgesetz, das seit Mitte 2008 gilt. Es
ermöglicht den Behörden, Vaterschaften bei binationalen Kindern dann
anzufechten, wenn die Vaterschaft missbräuchlich erklärt wurde. Also, wenn
der Vater weder biologischer Vater ist noch zwischen ihm und dem Kind eine
sozialfamiliäre Vaterschaft besteht. Die rot-rote Landesregierung hat
selbst über den Bundesrat die Gesetzesinitiative mit eingereicht.
Bekamen bis 2008 beispielsweise eine Bosnierin und ein Deutscher ein
gemeinsames Kind, so erhielt das Kind mit der Geburt den deutschen Pass.
Die bosnische Mutter erhielt als Mutter eines Deutschen ein
Aufenthaltsrecht in Deutschland. Hier soll es Missbrauchsfälle gegeben
haben: Deutsche Sozialhilfeempfänger und Obdachlose sollen gegen Geld
Vaterschaften anerkannt und damit Ausländerinnen zu einem Aufenthaltsrecht
in Deutschland verholfen haben.
"Ich habe gar nichts dagegen, dass Behörden in Verdachtsfällen prüfen",
sagt Anwältin Petra Schlagenhauf. "Ich halte nichts von
Scheinvaterschaften. Damit wird ein Kind um seine Identität betrogen."
Aber, so Schlagenhauf weiter, einen Generalverdacht gegen binationale
Eltern dürfe es nicht geben.
Isabelle Kalbitzer, Sprecherin von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) weist
den Vorwurf eines Generalverdachtes zurück. "Das Anfechtungsverfahren wird
nur in Einzelfällen, bei Vorliegen eines konkreten Anfangsverdachtes,
eingeleitet." Solche Einzelfälle gab es in Berlin allerdings schon 245-mal,
räumt sie ein. Die Mütter kamen aus Vietnam, Bosnien, Serbien, Ghana,
Nigeria, der Ukraine, Kamerun und Syrien. Bisher seien lediglich 29
Anfechtungen bei Gericht anhängig. Eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung
gebe es in noch keinem einzigen Fall. Für die betroffenen Mütter heißt das,
sie leben viele Monate im rechtsfreien Raum.
Anwalt Rolf Stahmann beschreibt ein subtiles Vorgehen der Ausländerbehörde:
"Sie erteilt der nichtdeutschen Mutter keine Aufenthaltserlaubnis, sondern
regt beim Bezirksamt an, ein Anfechtungsverfahren vor Gericht zu
betreiben." Dort würde die Akte erst einmal liegen bleiben. Das ganze
Verfahren daure dann ein oder zwei Jahre. "Da ich meinen Mandanten diese
lange Wartezeit auf die Aufenthaltserlaubnis und auf Kindergeld nicht
vermitteln kann, habe ich schon vorgeschlagen, freiwillig zum Gentest zu
gehen." Dabei blieben die Eltern allerdings auf den Kosten sitzen.
Der grüne Innenpolitiker Benedikt Lux kündigt an, dass seine Partei in
Zukunft ein kritisches Auge auf die Vaterschaftsanfechtungen werfen wird.
"Wir werden einfordern, dass der Senat seine Praxis hinterfragt."
5 Feb 2010
## AUTOREN
Marina Mai
Marina Mai
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Vaterschaft als Ausweisungsgrund: Rassismus von Amts wegen
In Bremen wurde der Antrag eines Mannes auf Aufenthaltserlaubnis abgelehnt:
Er habe diese durch „die Zeugung eines Kindes“ erwirken wollen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.