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# taz.de -- "Bunte" ließ Politiker bespitzeln: Codename "Scarface"
> Manipulierter Briefkasten, eine Wohnung gegenüber nur zum Observieren:
> Mit filmreifen Methoden ließ die "Bunte" das Privatleben von Franz
> Müntefering ausspähen. Und es traf auch andere.
Bild: Von einer gegenüber liegenden Wohnung bespitzelt: Franz und Michelle Mü…
BERLIN taz | "Ihre Hochzeit sei Privatsache, ließ die Familienministerin
wissen. Hoppla, wenn sie sich da mal nicht täuscht!", schreibt
Chefredakteurin Patricia Riekel vor exakt einer Woche in der Bunten. Dass
sich Kristina Köhler derart ziert, mag die Bunte-Chefin gar nicht: "Es wäre
eine schöne Gelegenheit gewesen, die flotte Neu-Ministerin, die als
Hardlinerin gilt, in einem menschlichen Moment zu erleben. Sie ließ es
nicht zu, obwohl sie die Macht der Selbstinszenierung zu schätzen weiß", so
Riekel weiter.
Wie die zum Presse-Reich von Hubert Burda gehörende Bunte mit Menschen
umgeht, die sich im riekelschen Sinne ebenfalls täuschen, wen ihre
Privatangelegenheiten etwas angehen, berichtet heute der Stern: Für eine
knappe Viertelmillion Euro im Jahr beauftragte Bunte Agenturen wie die
Berliner CMK mit heiklen "Recherchen" vor den Haustüren von Politpromis wie
Oskar Lafontaine, Horst Seehofer und Franz Müntefering. Nur dass hier nicht
um die große Politik, sondern die neusten Liebschaften bzw. Gerüchte
darüber ging.
Dass sich der vermeintlich strahlende People-Journalismus sich mindestens
so rüder Methoden wie der nackte Boulevard bedient, wenn das Scheckbuch
nicht mehr weiter hilft, ist zwar ein alter Hut. Die Stern-Geschichte aber
– ehemalige CMKler packen aus – liest sich dabei wie ein schlechter
Agententhriller: Da wird tagelang vor Privatwohnungen herumgelungert, im
Zug mitgefahren, Nachbarn ausgefragt.
Die Protokolle sprechen von Zielpersonen und "Observation", geben
Lafontaine den Codenamen "Scarface". Auch klar verbotene Recherchemethoden
wie Manipulation am Briefkasten fanden im Fall Müntefering statt, bei
Lafontaine soll der Einsatz einer Video-Kamera zumindest geplant worden
sein, so der Stern.
Im Fall Müntefering kam das Blatt zum ersehnten Abschuss: Im Mai 2009 gibt
es in Bunte erste Fotos von seiner neuen Liebe Michelle Schumann.
Chefredakteurin Riekel mag in der Zusammenarbeit mit CMK, deren
"Investigative Reporting Service"-Seiten im Internet wegen "eines
Server-Fehlers leider nicht mehr zur Verfügung stehen", nichts finden:
"Über unlautere Methoden ist Bunte nichts bekannt."
Schließlich verspricht CMK auf diesen heute nicht mehr im Netz stehenden
Seiten "Verlagsdienstleistungen auf höchstem Niveau" und verspricht, CMK
könne "bereits in der Entstehung einer brisanten Story unterstützen, um
eine juristische Auseinandersetzung mit prominenten Personen im günstigsten
Fall zu verhindern" oder zumindest dem Auftraggeber "eine optimale
Ausgangssituation verschaffen". Man arbeite "von Beginn Ihrer Recherche eng
mit Ihnen und Ihren Anwälten zusammen", so CMK weiter.
Das wäre bei den aufgerufenen Honoraren auch besser: Laut Stern hat CMK zu
Lasten des Bunte Entertainment Verlags allein 2008 rund 242.000 Euro
abgerechnet, die ersten drei Monate 2009 schlugen mit 30.987 Euro zu Buche.
Das zahlt auch Burda nicht mal eben aus der Portokasse. Und es sind schon
gar keine Summen, die sich mit normalen Foto-Honoraren erklären ließen.
Am Rande taugt die Geschichte selbst für eine hübsche People-Posse: Den
Ansatz für die Stern-Recherche bot ein Lafontaine-Geschichte im Focus. Den
macht bekanntlich Riekels Lebensgefährte Helmut Markwort. Und der schimpfte
erst jüngst wieder bei einer Gala auf die "Stalker", die ihn angeblich im
Auftrag der Süddeutschen Zeitung verfolgten...
Bunte bleibt aber dabei: In den drei vom Stern genannten Fällen habe man
CMK lediglich "um eine journalistische Fotorecherche gebeten", teilte der
Burda-Konzern am Nachmittag mit. Die Darstellung des Stern weise man
entschieden zurück, der Verlag werde juristische Schritte gegen den Stern
einleiten. "Nach Auffassung des Bunte Entertainment Verlages handelt es
sich hier um den Versuch der Verleumdung eines erfolgreieichen
Mitbewerbers", so die Verlagsmitteilung, die süffisant anmerkt, dass Bunte
seit einiger Zeit "im Einzelverkauf, der härtesten Währung des
Zeitschriftenvertriebs, vor dem Stern" liege. Laut Bunte habe man in den
drei vom Stern genannten Fällen CMK lediglich "um eine journalistische
Fotorecherche gebeten". Man kenne CMK als "journalistisches Unternehmen,
deren Mitarbeiter überwiegend dem deutschen Journalistenverband angehören".
Über unseriöse Recherchemethoden sei nichts bekannt.
24 Feb 2010
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Journalismus
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