# taz.de -- Resolution in Straßburg: Parlamentarier verlangen Acta-Einsicht | |
> Seit Jahren verhandeln die Industriestaaten geheim über das | |
> Handelsabkommen Acta, das Urheber- und Patentrecht im Netz regeln soll. | |
> Das EU-Parlament macht jetzt Druck. | |
Bild: Sie wollen mehr über Acta wissen: EU-Parlament am Mittwoch in Straßburg. | |
BRÜSSEL taz | Bei den Internationalen Verhandlungen über ein Abkommen „zur | |
Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie“ [1][(Acta)] macht das | |
Europaparlament Druck auf die EU-Kommission. In einer Resolution, die von | |
Grünen, Konservativen, Sozialisten und Linken gemeinsam getragen wird, | |
verlangen die Abgeordneten Einsicht in die Verhandlungsunterlagen. | |
Die Gespräche zwischen der EU, Japan, den USA, Australien, Kanada und | |
anderen Partnern laufen seit fast drei Jahren – außerhalb der | |
Welthandelsorganisation WTO und hinter verschlossenen Türen. Alle | |
Beteiligten haben Stillschweigen über den Verhandlungsstand vereinbart. | |
Bei einer Debatte am Dienstagabend in Straßburg erklärte Handelskommissar | |
Karel de Gucht, an diese Vereinbarung sei die Kommission gebunden. Man | |
versuche die Partner aber zu mehr Offenheit zu bewegen, auch um Ängste in | |
der Öffentlichkeit auszuräumen. Bei der nächsten Verhandlungsrunde im April | |
werde er die Forderung nochmals energisch vortragen. | |
Seit sieben Jahren bemühe sich die EU, innerhalb der WTO entsprechende | |
Gespräche in Gang zu bringen, fuhr Handelskommissar de Gucht fort. Länder | |
wie China blockierten das systematisch – „deshalb streben wir jetzt eine | |
Koalition der Willigen an“. Acta diene den Interessen europäischer Bürger. | |
„Ideen und Entwicklungen sind unser wertvollstes Gut auf dem Weltmarkt.“ | |
Der konservative Abgeordnete Daniel Caspary stimmte dem zu. „Schmuggel und | |
Raubkopien sind ein großes Problem für Unternehmer, Arbeitnehmer und | |
Verbraucher. Für unsere Märkte bedeutet das Verluste von 250 Milliarden | |
Euro.“ Aber nicht nur das: „Wenn ein gefälschtes Medikament nicht wirkt, | |
geht es um Leben und Tod.“ Er verlange aber „mehr Transparenz“ bei den | |
Verhandlungen und die Garantie, das bestehende Rechtsgrundsätze in der EU | |
respektiert würden. | |
Der italienische Liberale Niccolò Rinaldi erinnerte daran, dass im | |
Mittelalter die Fälscher von Muranoglas mit dem Tode bestraft wurden. „Man | |
muss das Problem ernst nehmen. Aber Acta alarmiert die Öffentlichkeit. Der | |
Kampf gegen Fälschungen darf kein Vorwand für die Einschränkung der | |
Grundrechte sein!“ | |
Bernd Lange von der SPD wollte wissen, wer überhaupt an den Verhandlungen | |
teilnimmt und worum es inhaltlich geht. „Sind Internetsperren möglich? | |
Werden Provider als Hilfssheriffs eingesetzt? Können entgangene Profite als | |
Schadenersatz geltend gemacht werden? Wird Online und Offline gleich | |
behandelt?“ Wenn das der Fall sei, so Lange, sei die inhaltliche | |
Durchsuchung von Iphones und Laptops an den Grenzen programmiert. | |
Handelskommissar de Gucht versuchte die Bedenken der Abgeordneten zu | |
zerstreuen. Das Abkommen habe Piraterie und Produktfälschung „im großen | |
Stil“ im Visier. Persönliche Freiheitsrechte würden nicht eingeschränkt, | |
Datenschutzgesetze nicht verletzt. „Wir planen keine neuen Gesetze sondern | |
mehr Schutz für unsere Produkte auf den internationalen Märkten.“ | |
Dem widerspricht allerdings ein vertrauliches Acta-Arbeitspapier des | |
Ministerrates, das das Handelsblatt einsehen konnte. Darin werden | |
Zugangssperren für Nutzer erwogen, die illegal Inhalte kopieren. | |
Internetprovider sollen dafür verantwortlich sein, dass über ihre Netze | |
keine Raubkopien verbreitet werden. Schadenersatzmöglichkeiten werden | |
ebenso genannt wie Wege, den Schutz geistigen Eigentums auch „offline“ | |
durchzusetzen, also Festplatten durchsuchen zu können. | |
Handelskommissar de Gucht dementierte solche Überlegungen. Solange die | |
Arbeitspapiere aber unter Verschluss sind, blühen natürlich die Gerüchte. | |
Die liberale Abgeordnete Sophia In’t Veld wünschte dem Handelskommissar | |
ironisch eine gute Reise zu der im April anstehenden Acta-Runde in | |
Neuseeland. „Und bitte kontrollieren Sie zuvor Ihren Ipod und stellen Sie | |
sicher, dass sich kein illegal heruntergeladenes Material darauf | |
befindet...“ | |
10 Mar 2010 | |
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## AUTOREN | |
D. Weingärtner | |
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