# taz.de -- Medizinethiker zu Mensch-Tier-Mischwesen: Die Züchtung der Mensche… | |
> Erbgut von Mensch und Tier wird immer häufiger gekreuzt. Der Wiener | |
> Medizinethiker Matthias Beck warnt vor gentechnisch erzeugten Mischwesen. | |
Bild: Kelly betrachtet ihre neue Nase: Um menschlicher zu wirken wurde ihr für… | |
taz: Herr Beck, der Deutsche Ethikrat diskutiert zurzeit Chancen und | |
Risiken gentechnisch erzeugter Mischwesen aus Mensch und Tier. Warum? | |
Matthias Beck: Weil das in der Forschung schon seit einigen Jahren gemacht | |
wird, die Koreaner haben 2006 damit angefangen. Ganz aktuell ist das Thema, | |
seit die Engländer dazu im vergangenen Jahr ein Gesetz verabschiedet haben, | |
das deren Herstellung für die Forschung erlaubt. | |
Wie muss man sich denn solche Mischwesen vorstellen? | |
Da gibt es im Wesentlichen zwei Formen. Das Erste sind Lebewesen mit einem | |
gemischten Erbgut in jeder einzelnen Zelle. Man spricht dann von Hybriden. | |
Das, was die Engländer jetzt zugelassen haben, ist ein Spezialfall davon, | |
den man "Cybrids" nennt: In eine entkernte Eizelle einer Kuh oder eines | |
Kaninchens wird ein menschlicher Zellkern implantiert. Man erhält dann ein | |
Lebewesen, bei dem etwa 0,1 Prozent des Erbguts von einem Tier stammen und | |
99,9 Prozent von einem Menschen. Das Zweite sind die sogenannten Chimären: | |
Lebewesen, bei denen manche Zellen oder Organe von einem Tier stammen und | |
andere von einem Menschen. | |
Das klingt ein wenig nach Science-Fiction. Aber beide Varianten können | |
bereits hergestellt werden? | |
Im Falle von Chimären machen wir das ja schon lange: etwa bei der | |
Transplantation einer Herzklappe, die aus einem Schwein stammt. Das sehe | |
ich ethisch allerdings nicht als großes Problem. Schwieriger ist es, wenn | |
man Tierzellen in einen menschlichen Embyro in einem sehr früheren Stadium | |
transplantieren würde. Dann würde sich das nicht auf einzelne Organe | |
beschränken: Der Embryo wäre durchsetzt mit tierischen Zellen. Im | |
Tierversuch hat man so was schon gemacht, Schafembyronen wurden | |
beispielsweise Menschenzellen implantiert. | |
Sie halten so eine Durchmischung für problematisch? | |
Ja. Was wäre denn etwa, wenn man einem Affenembryo im zweiten oder dritten | |
Monat - also wenn das Hirn bereits vorhanden ist - gezielt bestimmte | |
Hirnzellen vom Menschen einspritzen würde? In den Achtzigern hat man | |
Wachtelzellen in Hühnerembryonen implantiert. Die geschlüpften Hühner | |
zeigten dann Kopfnickbewegungen und Laute, wie sie für Wachteln typisch | |
sind. Es wurden also Eigenschaften transferiert. | |
Die "Cybrid"-Mischwesen dürfen in England zu Forschungszwecken hergestellt | |
werden. Spricht etwas dagegen, das auch in Deutschland zu erlauben? | |
Bisherige Versuche legen den Schluss nahe, dass "Cybrids" vermutlich | |
maximal 14 Tage leben können. Es handelt sich dabei aber meiner Meinung | |
nach um einen menschlichen Embryo, der schwer beschädigt ist und ein | |
Ablaufdatum hat. Er ist in seiner Ausreifung behindert. | |
Was ist ethisch problematischer: einem Menschen tierische Eigenschaften zu | |
verleihen oder einem Tier menschliche? | |
Das sind zwei verschiedene Probleme. Wir machen in unserer westlichen, | |
christlichen Tradition ja sowohl philosophisch, theologisch als auch | |
juristisch einen Unterschied zwischen Mensch und Tier. Wenn man | |
Menschenzellen in Mäuse einpflanzt, halte ich das ethisch für nicht so | |
bedeutsam. Umgekehrt einem Menschen tierische Zellen zu implantieren halte | |
ich für deutlich problematischer. | |
Das schließt menschliche Embryonen mit ein? | |
Sobald Samen und Eizelle verschmelzen, existiert menschliches Leben. Und | |
diesem Menschen kommt Würde zu: Ein Embryo darf nur hergestellt werden, | |
damit daraus ein Mensch wird. Würde man etwa Embryonen aus Mensch und Affe | |
für die Forschung erzeugen, würden diese ja grade nicht zur Ausreifung | |
kommen. In der Philosophie spricht man dann von einer "Totalverzweckung" | |
des Embyros. | |
Menschen und Affen können in der Natur keine gemeinsamen Nachkommen | |
bekommen. Sollte man solche Grenzüberschreitungen im Labor verbieten? | |
Ich würde es nicht grundsätzlich ablehnen, eine Herzklappe oder vielleicht | |
ein Gen in einen Menschen zu implantieren - nur weil es aus einem Tier | |
kommt. Sagen wir, wir könnten Morbus Parkinson behandeln, indem wir dem | |
Patienten ein tierisches Gen implantieren. Dann täte ich mich schwer, | |
ethisch dagegen etwas einzuwenden. Anders sehe ich das, wenn ein | |
eingebrachtes tierisches Gen eine Eigenschaft so verändert, dass sie dem | |
Mensch nicht mehr entspricht. | |
Wo würden Sie denn da eine Trennlinie ziehen? | |
Der letzte ethische Grund ist für mich, ob das Einbringen eines tierischen | |
Gens dem Menschen nutzt oder schadet. | |
12 Mar 2010 | |
## AUTOREN | |
Thomas Schmid | |
## TAGS | |
Kino | |
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