# taz.de -- Erneut Erdstöße in Chile: Beben überschattet Machtübernahme | |
> Sebastián Piñera übernahm gerade das Präsidentenamt, als Chile erneut von | |
> einem heftigen Erdbeben erschüttert wurde - mit der Stärke 7,2. | |
Bild: Die Menschen sammelten sich draußen, nach dem Erdbeben in Santiago de Ch… | |
Während in Chile die Erde wieder bebte hat Sebastián Piñera (60) am | |
Donnerstag das Präsidentenamt übernommen. Vor dem Kongress in der | |
Hafenstadt Valparaíso, 120 Kilometer westlich von der Haupststadt Santiago, | |
legte der konservative Milliardär den Amtseideid ab. Piñera tritt damit die | |
Nachfolge der Sozialistin Michelle Bachelet an. An der kurzen und redelosen | |
Zeremonie nahmen die Staats- und Regierungschefs fast aller | |
südamerikansichen Staaten teil. Während der Amtseinführung kam es zu | |
meheren Nachbeben, eines mit der Stärke 7,2 auf der Richterskala. Die Beben | |
waren auch im Kogressgebäude zu spüren und zu sehen, die Fersehbilder der | |
Liveübertragung wackelten mehrfach. Einige Personen hatte vor der | |
Vereidigung das Gebäude verlassen. Die zuständige Behörde gab eine | |
Tsunamiwarnung aus. Größere Schäden wurden jedoch noch nicht gemeldet. | |
Als eine der ersten Amtshandlungen wird der neue Präsident umgehend in die | |
vom Erdbeben schwer getroffene Stadt Concertación fliegen. Dort wird Piñera | |
erste Gesetzesmaßnahmen zum Wiederaufbau unterschreiben, berichtet die | |
chilenische Tageszeitung „La Nación“. Der rechtsgerichtete Politiker hatte | |
bereits zuvor angekündigt, sich vorrangig um das Krisenmanagement und die | |
Schadensbewältigung nach dem Erdbeben vom 27. Februar zu kümmern. Er werde | |
umgehend einen Gesetzentwurf vorlegen, mit dem der Staatshaushalt 2010 an | |
die neue Wirklichkeit und die Anforderungen nach dem Erd- und Seebeben | |
angepasst wird, so Piñera. Zudem hatte er angekündigt, den Notstand in den | |
am schlimmsten betroffenen Gebieten aufrechtzuerhalten und auf weitere | |
Gebiete auszuweiten. Das Militär soll weiterhin die Kontrolle ausüben und | |
die Sicherheit der Bevölkerung gewährleisten. | |
Piñera hatte die Stichwahl am 17. Januar mit knapp 52 Prozent gegen den | |
Kandidaten des Regierungsbündnisses, den Christdemokraten Eduardo Frei | |
(67), gewonnen. Die scheidende Präsidentin Bachelet durfte gemäß der | |
chilenischen Verfassung nicht zur Wiederwahl antreten. | |
Mit Piñera stellt die Rechte erstmals seit 1958 nach einer demokratischen | |
Wahl wieder den Präsidenten. Gleichzeitig verlor das seit dem Ende der | |
Diktatur von Augusto Pinochet (1973-1990) regierende Mitte-Links-Bündnis | |
Concertación erstmals die Präsidentschaftswahl. Auf den Tag genau von 20 | |
Jahren hatte der Christdemokrat Patricio Aylwin am 11. März 1990 als erster | |
demokratisch gewählter Präsident nach der Diktatur das Amt übernommen. | |
Am 27. Februar hatte eines der schwersten Erdbeben der vergangenen 50 Jahre | |
den Südwesten Chiles erschüttert. Die Erdstöße mit einer Stärke von 8,8 auf | |
der Richterskala lösten auch eine Flutwelle aus, die viele Menschen in den | |
Tod riss. Die offizielle Zahl der Toten wird gegenwärtig mit 497 angegeben. | |
Allein der Schaden an zerstörter Infrastruktur wurde von der Regierung am | |
Dienstag auf 4,8 Milliarden Dollar geschätzt. Die Leiterin des Nationale | |
Katastrophenamt ONEMI, Carmen Fernández, war am Mittwoch nach heftiger | |
Kritik zurückgetretten. Ihr wurde vorgeworfen zu zaghaft und unkoordiniert | |
auf das Beben reagiert zu haben. | |
Trotz der Kritik am zögerlichen Krisenmanagement der früheren Regierung | |
scheidet die sozialistische Präsidentin Bachelet mit hohen | |
Zustimmungswerten aus dem Amt. In einer letzten Umfrage in den Tagen nach | |
dem Erdbeben zeigten sich 84 Prozent der Chilenen mit ihr zufrieden. Auch | |
der neue Präsident Sebastián Piñera bekommt gute Noten. Knapp 60 Prozent | |
glauben an eine erfolgreiche Präsidentschaft Piñeras. Lediglich drei | |
Prozent sind davon überzeigt, dass Piñera nicht gut ist für Chile. Diese | |
Prozentzahl hatte vor dem Beben noch bei 10 Prozent gelegen. | |
11 Mar 2010 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
## TAGS | |
Chile | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Nachruf auf Patricio Aylwin: Chiles erster Präsident nach Pinochet | |
Der chilenische Politiker Patricio Aylwin ist tot. Er war nicht immer | |
Gegner des Militärs, setzte sich aber für ein Ende der Pinochet-Diktatur | |
ein. | |
Nach Erdbeben in Chile: Die Eruption der Angst | |
Das Beben in Chile brachte auch die Gesellschaft ins Wanken. Plünderungen | |
und Misstrauen und Angst halten Einzug. | |
Nach dem Beben in Chile: Verspätete Hilfe für die Opfer | |
Noch immer kommt Hilfe aus dem Ausland kaum an. Der Nationalstolz der | |
chilenischen Regierung behinderte die Lieferungen. | |
Plünderungen in Chile: Nach den Beben kommt das Militär | |
Am Montag verhängte die Regierung Ausgangssperren über drei weitere Städte, | |
um die Lage in den Griff zu bekommen. Es mangelt an Wasser und Essen. Es | |
wird geplündert. | |
Erdbeben in Chile: Mehr als 700 Tote | |
Bei dem schweren Erdbeben in Chile sind mindestens 700 Menschen getötet und | |
mehr als 1,5 Millionen Häuser zerstört worden. Der nachfolgende Tsunami hat | |
Japan erreicht. |