# taz.de -- Uganda: Feuer an den Königsgräbern | |
> Inmitten einer gespannten politischen Lage gehen die historischen | |
> Grabstätten des größten ugandischen Königreiches in Flammen auf. Unruhen | |
> erschüttern die Hauptstadt. | |
Das Militär kennt kein Pardon: Kurz nachdem Ugandas Präsident Yoweri | |
Museveni angekündigt hatte, den Tatort zu besuchen, stürmt das Militär die | |
in der Nacht zuvor niedergebrannte Grabstätte der Buganda-Könige, hoch oben | |
auf einem Hügel in Kampala, der Hauptstadt Ugandas. Schüsse hallen durch | |
die Luft. In Panik laufen hunderte Männer, Frauen und Kinder den Hügel | |
hinunter. Die blutige Bilanz: zwei Tote und 11 Schwerverletzte. | |
Dabei hatten sich die Männer und Frauen auf dem Hügel versammelt, um zu | |
trauern. In der Nacht war dort die Grabstätte der Buganda-Könige | |
abgebrannt. Hier liegen die Monarchen, die im 19. Jahrhundert vor der | |
Kolonialzeit Buganda zu einem der mächtigsten Reiche Ostafrikas gemacht | |
hatten. Das Königreich hat heute nur noch eine kulturelle Funktion, aber | |
das Mausoleum mit dem Strohdach ist ein Unesco-Weltkulturerbe und seit 128 | |
Jahren eine heilige Stätte: Vier Könige sind darin beerdigt. Trommeln, | |
Speere, Schilder des alten Buganda-Königreichs werden hier verehrt. Alles | |
was davon übrig ist, kehren nun die Grabwächterinnen mit Besen zusammen. | |
Nambi Kavebukasa, eine der Grabwächterinnen, kann kaum atmen. Die alte Frau | |
liegt auf dem Boden neben den Königsgräbern. Jede Nacht bewacht sie die | |
Särge, auch in der Nacht zum Mitwoch. Röchelnd berichtet sie: Zivil | |
gekleidete Männer mit Waffen hätten das Strohdach in Brand gesetzt. | |
Schnell verbreitet sich das Gerücht von der Brandstiftung unter den | |
aufgebrachten Jugendlichen. "Ihr habt unser Heiligtum angezündet", brüllt | |
ein junger Mann einen Soldaten an. Ein andere stimmt mit ein: "Ihr wollt | |
unsere Kultur vernichten". Die Stimmung wird aggressiv. | |
Dieser Zwischenfall heizt nun das ohnehin gespannte Verhältnis zwischen der | |
Regierung Museveni und dem Volk der Baganda weiter an. Die Baganda sind die | |
größte Ethnie in Uganda, sie leben hauptsächlich in der Hauptstadt Kampala. | |
Präsident Museveni selbst ist von der Volksgruppe der Banyankole aus dem | |
Westen des Landes. Seit Jahren fordern die Anhänger des Königs eine | |
Föderalisierung Ugandas, mehr politische Kompetenzen für das Königtum und | |
Kampala als offizielle Hauptstadt ihres Reiches, wie früher. Im September | |
2009 kam es blutigen Unruhen in Kampala mit über 20 Toten, nachdem Museveni | |
dem König von Buganda verboten hatte, ein Jugendfest zu besuchen. Seitdem | |
ist die Stimmung in Kampala gereizt, und vieles spricht dafür, dass Ugandas | |
Wahlen 2011 nicht friedlich verlaufen werden. Am Tag vor dem Feuer in den | |
Königsgräbern war es bereits an Kampalas Makarere-Universität zu Konflikten | |
gekommen. Im Vorfeld der Wahlen zur Studentenvertretung stritten sich | |
Kandidaten aus Kenia mit denen der Präsidentenpartei NRM (Nationale | |
Widerstandsbewegung). Sicherheitsmänner erschossen zwei Studenten. | |
Als Präsident Museveni am späten Mittwoch vormittag an der Grabstätte | |
eintrifft, singen die Baganda ihre Stammeshymne - ein Protest gegen | |
Museveni. "Wieso ist es ein Verbrechen, ein Muganda zu sein?", ruft ein | |
Sprechchor. Museveni verzieht keine Mine. Er begutachtet den Tatort und | |
fährt dann wieder davon - ohne sich der wütenden Masse zu stellen. | |
Joseph Kanyonga ist außer sich. Der junge Mann verflucht den Präsidenten | |
mit wüsten Worten: "Diese Regierung ist korrupt. Sie veruntreut unsere | |
Gelder und unser Land. Und wir leben in Armut, ohne Jobs und ohne Land", | |
tobt der frisch graduierte Buchhalter, der seit zwei Jahren verzweifelt | |
eine Anstellung sucht. | |
Die Ursachen des Konflikts zwischen der Museveni-Regierung und den Baganda | |
liegen tief. Nach 24 Jahren Museveni-Herrschaft muss die Jugend in der | |
Hauptstadt feststellen: Das Leben wird schlechter. Straßen, Schienen und | |
Stromleitungen bröseln auseinander. Gleichzeitig wohnen Musevenis | |
Familienclan und seine Generäle in gigantischen Villen, fahren gewaltige | |
Limousinen. | |
Konflikte um Land und Macht werden ethnisch ausgespielt, die Proteste der | |
Baganda gegen die Zentralregierung sind nur ein Symptom davon. Doch eines, | |
das gefährlich werden könnte. Denn plötzlich schreit jemand aus der Menge: | |
"Der hier ist ein Munyankole" - ein Angehöriger von Musevenis Ethnie. | |
Sofort prügelt ein Mob auf den jungen Mann ein. Selbst eine alte | |
Grabwächterin schnappt sich einen Stock und holt aus. "Wir müssen die | |
Banyakole aus der Hauptstadt vertreiben" schreit sie. | |
18 Mar 2010 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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