# taz.de -- Uganda: Geiseln im Busch als Faustpfand | |
> Vertraute der flüchtigen ugandischen LRA-Rebellen sondieren über Kirchen | |
> einen neuen Friedensprozess. Dänemark zahlt für Freikauf gefangener | |
> Zivilisten im Südsudan. | |
Bild: Soldaten der ugandischen Armee. | |
KAMPALA taz | Der dicke Aktenordner im Besitz der ugandischen Behörden hat | |
die Aufschrift "US-Regierung". Darin liegt eine Liste mit 400 Namen: | |
Männer, Frauen und Kindern, bezeichnet als Gefangene der ugandischen | |
Rebellenarmee LRA (Widerstandsarmee des Herrn) - irgendwo im Busch, an der | |
Grenze zwischen der Zentralafrikanischen Republik und dem Südsudan, wo die | |
LRA ihre Rückzugsgebiete hat. | |
Der Namensliste beigefügt ist eine schriftliche Bitte um Unterstützung bei | |
der Befreiung dieser Menschen. "Das Oberkommando der LRA hat akzeptiert, | |
diese 400 Frauen und Kinder und einige Kämpfer zu entlassen, die den Wunsch | |
geäußert haben, freiwillig demobilisiert, entwaffnet, repatriiert und | |
reintegriert zu werden", heißt es da. Unterzeichnet hat das undatierte | |
Schreiben, das Ende Januar in Uganda eintraf, Fred Nyabere, Direktor des in | |
Nairobi basierten Kirchennetzwerkes FECCLAHA (Vereinigung der Christlichen | |
Räte und Kirchen in Zentralafrika und dem Horn von Afrika). Diese | |
Organisation hat schon in der Vergangenheit zwischen Ugandas Regierung und | |
der LRA vermittelt. Die Liste der 400 Gefangenen hat David Matsanga | |
signiert, der frühere Chefunterhändler der LRA. | |
Ist dies ein neuer Anlauf zum Frieden in einem der ältesten Konflikte | |
Afrikas? Die LRA kämpft seit 24 Jahren gegen Ugandas Regierung, sie hat | |
Kinder zwangsrekrutiert und Zivilisten entführt, zwanzig Jahre lang | |
verwüstete ihr Krieg den Norden Ugandas. Im Rahmen eines Friedensprozesses | |
mit Ugandas Regierung zog die Rebellengruppe sich 2006 in den Südsudan | |
zurück. Aber die Friedensgespräche platzten 2008. Danach startete die | |
ugandische Armee eine breit angelegte Militäroperation gegen die LRA, die | |
sich mittlerweile in den Nordosten der Demokratischen Republik Kongo | |
verzogen hatte. Die geschätzt noch 400 aktiven LRA-Kämpfer verstreuten sich | |
noch weiter von Uganda weg in die Wälder der Zentralafrikanischen Republik | |
und Südsudans, wo sie sich bis heute verstecken. Mit im Schlepptau: | |
Tausende als Arbeitssklaven entführte Kinder und Frauen aus dem Kongo, aus | |
Südsudan und aus der Zentralafrikanischen Republik. | |
Die 400, von denen jetzt die Rede ist, sollen sich in der südsudanesischen | |
Provinz Bahr-el-Ghazal befinden. FECCLAHA-Direktor Nyabera will sich | |
gegenüber der taz zu seiner Rolle bei dem Vermittlungsversuch zu ihrer | |
Befreiung nicht äußern. Doch er bittet in seinem Schreiben die Botschaft | |
Dänemarks in Uganda um Unterstützung. Er brauche 50.000 Dollar, "um die | |
derzeitige positive Stimmung aufrechtzuerhalten" und "um die Transport- und | |
Kommunikationskosten zu decken". Trotz aller Zweifel überwies die Botschaft | |
vergangene Woche, kurz nach Erhalt des Schreibens, die 50.000 Dollar | |
anstandslos. "Wir haben vereinbart, dass FECCLAHA alle Ausgabenquittungen | |
einreicht", sagt der Botschaftsangestellte, an den der Brief adressiert | |
war. "Wir wollen die Gelegenheit nicht verstreichen lassen, diese Menschen | |
zu befreien, auch wenn wir nicht sicher wissen, ob diese Anfrage | |
tatsächlich seriös ist." Die Botschaft handle auf Bitten der ugandischen | |
Regierung. | |
Ugandas Chefunterhändler in den Verhandlungen mit der LRA ist Stephen | |
Kagadoga, Staatssekretär im Innenministerium. Er hat vor wenigen Tagen | |
ebenfalls eine Kopie des Briefes erhalten und gibt sich großzügig. "Wenn es | |
da draußen ugandische Seelen gibt, die zurückkehren wollen, dann heißen wir | |
sie willkommen", sagt er. | |
Ob das Angebot wirklich im Auftrag der LRA-Spitze erfolgte, bleibt unklar. | |
LRA-Chef Joseph Kony kommuniziere derzeit aus Angst vor Luftangriffen nicht | |
mit seinem Satellitentelefon, also sei ein Rätsel, wie er mit Unterhändlern | |
in Kontakt treten sollte, heißt es aus Militärkreisen. Der Verfasser der | |
Namensliste, LRA-Unterhändler Matsanga, erklärte letztes Jahr seinen | |
Austritt aus der LRA und plant Berichten zufolge eine | |
Präsidentschaftskandidatur bei Ugandas Wahlen 2011. Möglicherweise will er | |
sich also einfach ins Gespräch bringen, indem er eine Fraktion der LRA zum | |
Frieden führt. Aber auch das wäre ein Fortschritt. | |
7 Feb 2010 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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