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# taz.de -- Weltstars im Interview: Ausfragen im 20-Minuten-Takt
> Das Fall der erfundenen "Neon"-Interviews ist krass. Wie auch die
> Bedingungen, unter denen Interviews mit den Stars der Popkultur oft
> stattfinden.
Bild: Und wenn der Zeiger ganz oben steht, müssen die heißen Fakten rausgekri…
US-Schauspieler Billy Bob Thornton hat Songs aufgenommen. Davon soll die
Welt erfahren. Bevor er vors Mikrofon tritt, muss man erst mit seinen
Begleitmusikern reden. Ihre Aussagen werden unbrauchbar sein. Als
Interviewer muss man sich aber an die Vorgabe der Plattenfirma halten.
Deshalb quälen sich Dutzende Journalisten durch 15 unglamouröse Minuten
Smalltalk, bevor der Hollywoodstar schließlich redselig wird und - immerhin
- verkündet, dass ihm Gouverneur Bill Clinton einst in Nebraska persönlich
einen Job als Bauarbeiter bei der Autobahnmeisterei zuschusterte, weil
Thorntons Mutter mit Clinton bekannt war.
Am schlimmsten sind die Interview-Marathons, bei denen Stars während dreier
Tage am Stück über ihr Wirken Auskunft geben, dabei immer mit den gleichen
Fragen konfrontiert sind und entsprechend lustlos antworten. Auch für den
Journalisten ist die Interviewsituation unangenehm, die Konkurrenz sitzt
einem im Nacken. Jeder hofft, den Star noch halbwegs bei Laune anzutreffen.
In den 20 Minuten, die man in der Regel zugestanden bekommt, um einem Star
brauchbare Anekdoten zu entlocken, zählt daher jede Sekunde, um genügend
Stoff für eine Story zusammenzubekommen. Wehe aber, man sitzt in einem
Gruppeninterview und kämpft mit redundanten Kollegenfragen.
"Ziel ist es, dass beide Seiten, Künstler und Journalist, sich in einer
Interviewsituation wohlfühlen und ein interessantes Gespräch zustande
kommt, von dem alle profitieren. Das kann allerdings nur entstehen, wenn
beide respektvoll und professionell miteinander umgehen", sagt Jascha
Farhangi, Senior Press Manager der Plattenfirma Universal. Farhangi
koordiniert die Pressearbeit beispielsweise für Metallica, Mary J. Blige
und U 2 in Deutschland. Behandelt man den Star eher als Mensch oder als
Künstler? Oder ist der Journalist selbst ein Star, der der Welt seine
Schlagfertigkeit vorführt?
Die Begegnung muss auf Augenhöhe stattfinden, sagt Max Dax, Chefredakteur
des Musikmagazins Spex. In diesem Sinn weiche das Interview gar nicht so
sehr von einer gepflegten Unterhaltung im Restaurant ab, sagt Dax, von dem
ausgewählte Interviews beim Suhrkamp Verlag in Buchform erschienen sind.
Dax vertritt die Ansicht, als Journalist solle man sich beim Interview
nicht in den Vordergrund spielen. Recherche im Vorfeld sei alles. Es gebe
keine doofen Fragen. Intuition bestimme immer das Gespräch.
Gedanken zusammenfassen, Sätze zu Ende denken, Interviews aus
dramaturgischen Gründen umbauen, all das seien ohnehin erlaubte Stilmittel,
um ein Gespräch lesefreundlich zu gestalten. Interviews zu fälschen käme
Dax nicht in den Sinn.
20 Mar 2010
## AUTOREN
Julian Weber
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