# taz.de -- Nachspiel für Tanklaster-Angriff: Es wird eng für Oberst Klein | |
> Die Karlsruher Bundesanwaltschaft will gegen Klein ermitteln. Dabei soll | |
> geklärt werden, ob er mit dem Befehl zum Bombardement in Afghanistan ein | |
> Kriegsverbrechen begangen hat. | |
Bild: Aufräumen nach dem Luftangriff auf zwei Tanklastwagen in Afghanistan. | |
BERLIN taz | Die Bundesanwaltschaft (BAW) hat bereits vorige Woche ein | |
Ermittlungsverfahren gegen Oberst Georg Klein und seinen | |
Fliegerleitoffizier "Red Baron" eingeleitet. Dies berichtete am Freitag | |
BAW-Abteilungsleiter Rolf Hannich auf einer Veranstaltung der | |
Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) in Berlin. | |
Oberst Klein hatte im September das Bombardement auf zwei entführte | |
Tanklaster bei Kundus angeordnet, das zum Tod Dutzender Afghanen - Taliban | |
und Zivilisten - führte. Seit November prüfte Hannich, ob er ein Verfahren | |
gegen Klein einleiten soll. Er will die beiden Offiziere nächste Woche in | |
Karlsruhe vernehmen. Voraussetzung dafür ist ein förmliches | |
Ermittlungsverfahren | |
Doch die Eröffnung des Verfahrens ist keine Formalie. Mit ihr ist auch das | |
erste Ergebnis der BAW-Prüfungen verbunden: "Bei den Auseinandersetzungen | |
in Afghanistan handelt es sich um einen bewaffneten Konflikt." Konkret | |
heißt das, Kämpfer der Taliban dürfen von deutschen Soldaten in Afghanistan | |
getötet werden, auch wenn diese nicht angegriffen wurden. Und wenn bei den | |
Kämpfen auch Zivilisten sterben, kann dies unter Umständen ebenfalls | |
straffrei bleiben. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) | |
hatte schon vor einigen Wochen erklärt, dass er die Lage in Afghanistan als | |
"bewaffneten Konflikt" einstuft, maßgeblich ist aber die Wertung der | |
Justiz. | |
Vorrangig anwendbar ist nun das deutsche Völkerstrafgesetzbuch, das auch | |
Kriegsverbrechen von Soldaten definiert. Die Bundesanwaltschaft muss jetzt | |
ermitteln, ob der von Klein verursachte Tod der Zivilisten außer Verhältnis | |
zum militärischen Nutzen der Aktion stand und Klein dieses Missverhältnis | |
sicher erwartete. Unter Beobachtern in Karlsruhe wird angenommen, dass die | |
Ermittler Klein am Ende keinen entsprechend rücksichtslosen Vorsatz | |
nachweisen können und wollen. Die Ermittlungen gegen Klein würden dann | |
eingestellt. | |
Der Göttinger Strafrechtsprofessor Kai Ambos wies bei der | |
BRAK-Veranstaltung darauf hin, dass Klein im Falle einer Verurteilung | |
zugleich ein lebenslange Haftstrafe wegen Mordes droht. | |
Wie Hannich berichtete, sind bei der Bundesanwaltschaft neben Kleins Fall | |
sieben weitere anhängig, bei denen deutsche Soldaten in Afghanistan | |
Zivilisten getötet oder verletzt haben. Die Bundesanwaltschaft will ein | |
einheitliches Raster für die Behandlung solcher Fälle entwickeln. | |
Unter der Hand ist die Bundesanwaltschaft damit zur zentralen | |
Staatsanwaltschaft für die Behandlung möglicher Straftaten von Soldaten im | |
Ausland geworden. Alle heiklen Fälle liegen derzeit in Karlsruhe. | |
Im schwarz-gelben Koalitionsvertrag ist die Schaffung einer zentralen | |
Staatsanwaltschaft, zum Beispiel in Potsdam beim Einsatzführungskommando | |
der Bundeswehr, vorgesehen. Hannich machte aber deutlich, dass die | |
Zentralisierung nicht unbedingt zu einer Beschleunigung der Ermittlungen | |
führt. | |
Ärgerlich für Hannich ist, dass er nicht weiß, was Oberst Klein vor zwei | |
Wochen beim Kundus-Untersuchungsausschuss im Bundestag ausgesagt hat. Der | |
Ermittler hofft, dass er die Protokolle bekommt, bevor er nächste Woche den | |
Oberst befragt. | |
20 Mar 2010 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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