| # taz.de -- Fehlfarben-Sänger Peter Hein: „Instrumental ist kacke“ | |
| > Fehlfarben-Sänger Peter Hein sieht seine Songwriter-Arbeit pragmatisch: | |
| > „Ein Lied braucht einen Text“. Der späte Punk über Fan-Trösten und das | |
| > neue Album Glücksmaschinen“. | |
| Bild: Die weißen Slipper passten leider nicht ganz ins Bild: Peter Hein. | |
| Rocko Schamoni hat ihm sein Album „Der schwere Duft von Anarchie“ gewidmet | |
| und auf dem Fehlfarben-Jubiläums-Sampler „26 1/2“ gibt sich die Creme de la | |
| Creme der deutschsprachigen Szene die Klinke in die Hand. Selbst A-Promis | |
| wie Herbert Grönemeyer und Helge Schneider interpretieren darauf Heins | |
| Textkunst, für die er bekannt und beliebt ist. | |
| Die Rede ist natürlich von Fehlfarben-Sänger Peter Hein. Die für Punk zu | |
| spät Geborenen konnten auf dem Fehlfarbenkonzert des BootBooHook-Festivals | |
| im letzten Sommer in Hannover eine Ahnung davon bekommen, wie das wohl | |
| damals gewesen sein muss, Ende der 70er. | |
| Peter Hein hat für die romantische Wehmut darüber, Punk nicht miterlebt zu | |
| haben, allerdings wenig übrig: „Da muss man sich keinen Kopf machen, wegen | |
| solcher Sachen. Da könnte ich auch genauso sagen, dass ich total traurig | |
| bin, dass ich das psychedelischen ‚67 nicht mitgemacht habe oder die | |
| Beatzeit.“ Die Begeisterung für gewisse energiegeladene Zeiten wie Rock ‚n… | |
| Roll, Beat oder Punk ist wohl eher ein allgemeines Phänomen. Punk hebt sich | |
| da nicht sonderlich ab. Jugendkultur eben. | |
| Hein selbst hat erstaunlicherweise eine geradezu musikfreie Jugend gehabt. | |
| Natürlich hat man „mit 16 mal ne blöde Platte“ zum Geburtstag gekriegt. | |
| Aber erst mit knapp 20 fing er an, sich Musik zu kaufen: „als ich mein | |
| eigenes Geld verballern konnte.“ Dann gab‘s aber auch erstmal die älteren | |
| Sachen, die billig waren, Beat und Rock ‚n‘ Roll, allerdings ohne | |
| äußerliche Konsequenzen. Die kamen später mit den ersten Punk-Singles, die | |
| Hein sich zunächst aus rein optischen Gründen zugelegt hat, obwohl der | |
| Inhalt natürlich genauso passte. | |
| Inspiriert von den Bildern aus dem NME hat dann auch er angefangen, sich | |
| „schick zu machen“. Der Punk Janie J. Jones (benannt nach einem Clash-Song) | |
| war geboren und damit hatte Hein „Musik am Arsch“ - die der anderen und die | |
| eigene. Fehlfarben ist heute die bekannteste Band, in der er mitgewirkt hat | |
| und dies immer noch tut. | |
| Die Songtexte des Peter Hein sind etwas ganz Besonderes. Mittlerweile gibt | |
| es sie auch in Buchform, erschienen im Lilienfeld Verlag. Hein selbst sieht | |
| das ganz pragmatisch: „Man hat da ‚ne Arbeit abzuliefern, ein Lied braucht | |
| einen Text. Ich finde Instrumentalmusik ziemlich kacke, also möchte ich | |
| keine abliefern. Deswegen schreibe ich Texte.“ Er arbeitet dabei nur unter | |
| Druck. Wenn eine Platte ansteht, werden Texte gemacht, sonst nie. Und auch | |
| dann geht das Ganze ziemlich unprätentiös über die Bühne: „Ich hör mir | |
| morgens drei Stunden nochmal die Songs an, quetsch die Worte drauf und dann | |
| wird das nachmittags eingesungen.“ Genialität und Simplizität liegen | |
| offenbar sehr nah beieinander. | |
| Seinen Einfluss auf viele deutschsprachige Musiker kann er sich selbst | |
| nicht erklären. Hein findet seine Texte zwar schon besser, als die von | |
| Bands wie Silbermond. Überschwänglichen Glorifizierungen steht er eher | |
| unbeholfen gegenüber: „Ich hab das ja nicht gewollt und wenn dann jemand | |
| vor dir steht und sagt, Du hast mein Leben verändert, dann weiß ich nicht, | |
| was ich machen soll. Trösten, oder was?“ Auch künstlerische | |
| Seelenverwandtschaften sind seine Sache nicht: „Mir reicht das, wenn ich | |
| mit denen ganz blöd gesagt locker an der Theke stehen kann, und man muss | |
| nicht nur Blödsinn schwätzen, aber man darf auch Blödsinn schwätzen.“ | |
| Das neue Album „Glücksmaschinen“ erscheint auf dem Hamburger Label Tapete | |
| Records, ausgerechnet in der Stadt, die in Heins Buch „Geht so - | |
| Wegbeschreibungen“ nicht sonderlich positiv wegkommt. Für Peter Hein ist | |
| das kein relevantes Kriterium. Die Beziehung zum Label ist geschäftlicher | |
| Natur. „Wir machen ein Produkt und das Label will das verkaufen. Warum soll | |
| man sich da mehr als nötig auf die Nerven gehen.“ | |
| Der Titelsong „Glücksmaschinen“ thematisiert das Dilemma, im Alter seine | |
| eigenen Ideale der Jugend nicht mehr treu sein zu können. Aber was macht | |
| man als Punk mit 50? Wie kann ein konsequenter Lebensentwurf aussehen, ohne | |
| dass man in die Falle tappt, später genau der gleiche Spießer zu sein, wie | |
| die anderen? Peter Hein, der sein Leben lang bei der Firma Rank Xerox | |
| gearbeitet hat und dem offenbar trotzdem nicht das Negativ-Image des | |
| „Feierabendpunks“ anhaftet, weiß darauf die einfache Antwort: „Sich mit | |
| weniger zufrieden geben und als Ausgleich nach wie vor Sachen machen | |
| können, die man sonst nicht macht, wie z.B. zweckfrei Blödsinn verzapfen.“ | |
| Bei Rank Xerox wurde er nach 27 Jahren entlassen, seither lebt Hein als | |
| Künstler und zum Geldverdienen kümmert er sich um die Steuersachen anderer | |
| Leute. Einer „normalen Arbeit“ neben seiner künstlerischen Tätigkeit | |
| nachzugehen, war für Peter Hein offensichtlich nie ein Problem. Seine Musik | |
| ist ihm zu wichtig, als dass sie ihn ernähren können muss. | |
| In seinen Texten prangert Hein oft Missstände an, die nicht unbedingt aber | |
| auch mit ihm zu tun haben. Und was bedeutet Glück für ihn? Pause. „Wenn das | |
| angeprangerte Private doch funktioniert und wenn ab und zu der richtige | |
| Verein gewinnt.“ Fortuna! | |
| Fehlfarben: Glücksmaschinen. Erschienen bei Tapete Records | |
| 24 Mar 2010 | |
| ## AUTOREN | |
| Wiebke Colmorgen | |
| ## TAGS | |
| Fehlfarben | |
| Rocko Schamoni | |
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