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# taz.de -- Dänemark gegen Weichmacher: Dildos unter Kontrolle
> Das dänische Umweltministerium warnt vor krebserregenden Inhaltsstoffen
> in Sexspielzeugen, rät zur Kondom-Benutzung und will sich EU-weit für
> strengere Grenzwerte einsetzen.
Bild: Die Weichmacher werden verdächtigt, die Spermienqualität zu mindern.
STOCKHOLM taz | Das dänische Umweltministerium hat eine Warnung vor
ungesundem Sexspielzeug herausgegeben. Benutzer von Vibratoren, künstlichen
Vaginas und ähnlichen Gegenständen fordert es auf, vor der Nutzung Kondome
überzuziehen und keine Modelle aus PVC zu kaufen. Denn diese enthielten als
Weichmacher fast durchweg gesundheitlich problematische Phthalate. Dabei
handele es sich um einen gefährlichen Cocktail aus Chemikalien, der
geeignet sei, den menschlichen Hormonhaushalt durcheinanderzubringen, sagte
Umweltministerin Karen Ellemann.
Diese Weichmacher werden unter anderem verdächtigt, die Spermienqualität zu
mindern. Außerdem enthielten Plastikdildos Chemikalien, die dafür
verantwortlich sein könnten, bei Jungen zu missbildeten Geschlechtsorganen
und bei Mädchen zu vorzeitiger Pubertät zu führen, warnt das Ministerium.
Schwangere und stillende Mütter sollten daher solches Sexspielzeug besser
überhaupt nicht benutzen.
Damit verschärft die dänische Regierung schon eine 2006 erstmals gegebene
Warnung vor Dildos. Damals hieß es noch, bei "normalem Gebrauch" sehe man
keine gesundheitlichen Risiken. Nun will die Regierung in Kopenhagen die
möglichen Auswirkungen von Chemikalien aus Sexspielsachen zum Gegenstand
einer Dokumentation machen, mit der Dänemark bei der EU-Kommission neue
Grenzwerte für den Verkauf von Plastikartikeln erreichen will, die die
ungesunden Weichmacher enthalten.
Als Begründung verweist Ellemann auf neue Forschungserkenntnisse der
letzten Jahre zum sogenannten Cocktaileffekt: Die Addition aller - der für
sich genommen unter den zulässigen Grenzwerten bleibenden - Schadstoffe
könne sich zu einem unheilvollen Cocktail zusammenbrauen, ähnlich der
Wechselwirkungen bei Medikamenten.
Bislang ging es bei der Weichmacher-Debatte vorwiegend um Kinderspielzeug
und Lebensmittelverpackungen. Vor allem die skandinavischen Mitgliedsländer
der Europäischen Union drängen schon lange auf Grenzwerte, die
berücksichtigen, wie unser Körper täglich mit vielfältigen CMR-haltigen -
krebserregenden, das Erbgut verändernden oder die Fortpflanzung
gefährdenden - Gegenständen in Kontakt kommt.
Weichmacher, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, gelten als
krebserregend und stehen unter dem Verdacht, Erbgut schädigen zu können.
Zwar gibt es unbedenklichere Ersatzstoffe, doch angesichts lascher
Grenzwerte besteht bislang für die Hersteller und den Handel wenig Anreiz,
auf die billigen Phthalate zu verzichten.
Sollte die EU bei einer Verschärfung der Chemikaliengesetzgebung nicht
mitziehen, will eine Mehrheit im dänischen Parlament nationale
Verkaufsverbote erlassen. Auch für gefährliche Dildos. Es gehe
"letztendlich um nichts weniger als das Überleben der Menschheit", hatte
Ellemanns Amtsvorgänger Troels Lund Poulsen bereits im vergangenen Jahr
erklärt. Man habe schlichtweg nicht die Zeit, erst auf hieb- und stichfeste
wissenschaftliche Beweise zu warten, bevor man sich entschließe zu handeln.
Jeppe Hald von der Vereinigung "Sex & Samfund" ("Sex und Gesellschaft")
bleibt dennoch kritisch: Man kenne seit Jahren das Problem der mit
Phthalaten vollgestopften Sexspielsachen. Bislang habe der Gesetzgeber noch
nichts dagegen unternommen.
29 Mar 2010
## AUTOREN
Reinhard Wolff
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