# taz.de -- Ölpest-Prozess: Höchststrafen für "Erika" bestätigt | |
> Das Pariser Berufungsgericht hat den Erdölkonzern Total zu einer | |
> millionenschweren Wiedergutmachung verurteilt. | |
Bild: Die Anwältin der betroffenen Kommunen, Corinne Lepage, ist nicht zufried… | |
Zehn Jahre nach der "Erika"-Ölpest an der französischen Atlantikküste hat | |
das Pariser Berufungsgericht ein Grundsatzurteil zur juristischen | |
Verantwortung und Sorgfaltspflicht von Auftraggebern, Reedern und | |
Eigentümern von Tankern gefällt. In der oft komplizierten Organisation des | |
Erdöltransports auf dem Meer sollen sich die Beteiligten nicht hinter der | |
Verantwortung der anderen verbergen können. Für die Gruppe Total, die als | |
bloßer Eigentümer der Ladung keine Schuld zugeben wollte und mit einem | |
Freispruch rechnete, ist das Berufungsurteil ein Rückschlag. | |
Die von einer ersten Instanz verhängten Höchststrafen wurden bestätigt; das | |
Recht, Klage nicht nur wegen wirtschaftlicher Verluste, sondern auch wegen | |
ökologischer Naturschäden einzureichen, ist auf die betroffenen Gemeinden, | |
Departements, Regionen und Naturschützerverbände ausgeweitet worden. Das | |
stellt für den Vogelschützer Alain Bougrain-Dubourg einen Meilenstein dar: | |
"Dem Lebenden wird damit von der Justiz ein Wert zuerkannt." | |
Am 12. Dezember 1999 war der Tanker "Erika" vor der bretonischen Küste | |
gesunken. Tausende von Tonnen Schweröl verschmutzten die Atlantikküste auf | |
einer Länge von 400 Kilometern. Mindestens 150.000 Seevögel fielen der | |
Ölpest damals zum Opfer. Dass die "Erika" bei starkem Seegang | |
auseinanderbrach, kam allerdings nicht ganz von ungefähr. Von einer | |
"schwimmenden Mülltonne" war in den Medien die Rede. Das 25-jährige Schiff, | |
das nicht weniger als acht Mal Eigentümer und Namen gewechselt hatte, war | |
in schlechtem Zustand gehalten worden, Korrosionsschäden wurden offenbar | |
nur übertüncht. | |
Total wollte aber als Kunde nicht die Verantwortung für solche "versteckten | |
Mängel" übernehmen. Im Sinne der Justiz ist der Mineralölkonzern (und | |
analog seine Konkurrenten) aber mitverantwortlich für die Umweltrisiken und | |
namentlich die Seetauglichkeit der für den Öltransport angeheuerten Tanker. | |
Bereits 2008 waren der französische Erdölkonzern Total als Auftraggeber und | |
Besitzer der Schweröl-Ladung, die italienische Überprüfungsanstalt Rina, | |
die den Tanker "Erika" für seetauglich erklärt hatte, sowie der Reeder | |
Giuseppe Savarese und der für die Auftragsverwaltung zuständige | |
Geschäftsführer Antonio Pollara für diese Umweltkatastrophe schuldig | |
gesprochen und zu hohen Bußen sowie zur Zahlung von 192 Millionen Euro | |
Schadenersatz und Wiedergutmachung verurteilt worden. Diese Summe ist auf | |
200,6 Millionen Euro erhöht worden. Namentlich warfen die Richter Total | |
vor, sie sei in sträflicher Weise unvorsichtig gewesen. | |
Diese Einschätzung wird vom Pariser Berufungsgericht geteilt. Allerdings | |
wird die zivilrechtliche Haftung von Total in Anbetracht der | |
internationalen Konventionen in Frage gestellt. Aus diesem Grund hat der | |
Anwalt von Rina angekündigt, seine Mandanten würden gegen das Urteil eine | |
Kassationsbeschwerde einreichen. | |
30 Mar 2010 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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