# taz.de -- Umweltschützer sehen Präzedenzfall: Total schuldig an "Erika"-Kat… | |
> Acht Jahre nach der Ölpest in der Bretagne hat ein Pariser Gericht den | |
> Konzern Total sowie den Reeder und den Verwalter des Schiffs zu hohen | |
> Strafen verurteilt. | |
Bild: Erstmals Konzern für eine Umweltkatastrophe verurteilt: Tanker "Erika" v… | |
Der Konzern Total hat sich der mangelnden Vorsicht schuldig gemacht und ist | |
darum mitverantwortlich für die Umweltkatastrophe, die 1999 die Bretagne | |
nach dem Untergang des Öltankers "Erika" heimsuchte. Das viertgrößte | |
Erdölunternehmen der Welt muss deswegen die Höchststrafe von 375.000 Euro | |
Bußgeld bezahlen. Mitschuldig am Schiffbruch sind nach dem am Mittwoch | |
verkündeten Urteil des Pariser Strafgerichts auch der italienische Reeder | |
und sein Verwalter sowie die Zertifizierungsgesellschaft RINA. Sie alle | |
hätten den verwahrlosten Zustand des Schiffs nach Ansicht des Gerichts | |
nicht hinnehmen dürfen. Gemeinsam müssen sie 192 Millionen Euro zum | |
Schadenersatz beitragen. Der Kapitän wurde freigesprochen, der Ölkonzern | |
kündigte Berufung an. | |
Mit Total ist erstmals ein Unternehmen für eine Umweltkatastrophe | |
verurteilt worden. Naturschutzverbände und Anwälte der betroffenen | |
Gemeinden in der Bretagne hoffen, dass das Urteil zu mehr Sicherheit und | |
Transparenz von Erdöltransporten beiträgt. Der Entscheid gilt bereits als | |
Präzedenzfall für den Umgang der Justiz mit Umweltkatastrophen. Fast | |
fünfzig Experten und Zeugen waren befragt worden. Bei den Verhandlungen | |
zwischen Februar und Juni 2007 wurde unter anderem deutlich, wie | |
kompliziert und geradezu vorsätzlich undurchschaubar das | |
Hochsee-Transportgeschäft hinter den Kulissen organisiert ist. Das beweist | |
allein die Antwort auf die Frage, wem das 24 Jahre alte und rostzerfressene | |
Schiff eigentlich gehörte und wer für seinen Unterhalt zuständig war. Auf | |
dem Papier war der Tanker "Erika" im Besitz einer in Malta registrierten | |
Gesellschaft, die ihrerseits zwei liberianischen Firmen gehörte, deren | |
Kapital von einem Italiener kontrolliert wird. Vom italienischen Reeder | |
charterte eine in Panama beheimatete Filiale im Auftrag der | |
Muttergesellschaft Total diesen Tanker mit einer Mannschaft und einem | |
Kapitän aus Indien für einen Schweröltransport. Die italienischen Experten | |
der Zertifizierungsgesellschaft Rina schließlich hatten das Schiff trotz | |
einiger Mängelrügen für hochseetauglich erklärt. Vor Gericht machte Antonio | |
Pollara, der als Verwalter für die Vermietung des Tankers zuständig war, | |
diese bezeichnende Bemerkung: "Je weniger neugierig man in diesem Geschäft | |
ist, desto besser läuft es." Nicht dieser Meinung war nun das Gericht, für | |
das im Fall der "Erika" die Schuld für eine sträfliche Nachlässigkeit | |
erwiesen war. | |
Weniger zufrieden mit dem Urteil waren die zivilen Nebenkläger aus den | |
geschädigten Ortschaften, die von Tourismus und Fischerei leben. Weil ihre | |
Verluste vom internationalen Entschädigungsfonds Fipol nur teilweise | |
beglichen worden waren, forderten sie 1 Milliarde Euro von den Angeklagten, | |
von denen freilich nur Total mit einem Gewinn von 12 Milliarden Euro im | |
vergangenen Jahr wirklich solvent ist. Sie bekommen nun lediglich 200 | |
Millionen Euro. | |
Christophe Priou, Bürgermeister von Le Croisic - die Gemeinde hatte 400.000 | |
Euro für die Säuberung der Strände gefordert - äußerte dennoch Genugtuung | |
über das Urteil. Über das Geld hinaus sei ihm eine "zumindest symbolische | |
Verurteilung" von Total wichtig gewesen. "Man kann nur hoffen, dass die | |
Ölkonzerne eine Lehre daraus ziehen und künftig besser aufpassen und nicht | |
schwimmende Mülleimer einsetzen", sagte er. | |
Der 24 Jahre alte Tanker "Erika" war am 12. Dezember 1999 in einem Sturm | |
vor der bretonischen Atlantikküste entzweigebrochen. Die ausgeflossene | |
Ladung von 30.000 Tonnen Schweröl verschmutzte die Küste auf einer Länge | |
von 400 Kilometern. Zehntausende Wasservögel gingen elend zugrunde. | |
16 Jan 2008 | |
## AUTOREN | |
Michael Huber | |
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