Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Srebrenica-Deklaration: Was in Serbien möglich ist
> Als Völkermord wurde Srebrenica nicht benannt. Für die einen zu viel, für
> die anderen zu wenig: Mit Versöhnung hat das politische Theater in
> Belgrad allerdings recht wenig zu tun.
Bild: Gedenkplatte für das Massaker von Srebrenica.
Wenn man die Srebrenica-Deklaration des serbischen Parlaments als einen
Test für den Umgang mit der eigenen Vergangenheit betrachtet, dann muss man
fragen: Hat Serbien diesen Test bestanden?
Die Antwort lautet: Ja, aber nur teilweise, zumal das Votum für die
Deklaration nur sehr knapp ausfiel. Die Demokratische Partei (DS) von
Staatspräsident Boris Tadic, als Seniorpartner in der Regierung, hat
erreicht, was in Serbien derzeit möglich ist: eine halbherzige
Entschuldigung, mehr nicht. Es fehlt die glaubwürdige Reue, die das
monströse Verbrechen zumindest als solches benennt, auch wenn es dieses
nicht explizit als das bezeichnet, was es war, nämlich Völkermord.
Die Erklärung reicht gerade aus, damit sich Serbien nicht selbst aus dem
europäischen Wertekonsens ausschließt: Die Srebrenica-Deklaration, so wie
sie gestaltet und im Parlament verabschiedet worden ist, wird die
europäischen Integrationsprozesse des Landes nicht beschleunigen, aber auch
nicht belasten.
Zur Vergangenheitsbewältigung in Serbien selbst trägt diese durch faule
Kompromisse erreichte Erklärung dagegen wenig bei. Man hat zaghaft ein paar
Steine aus dem Weg geräumt, aber die dicken Brocken liegen lassen. Keine
Rede ist von einer institutionellen, systematischen Aufarbeitung der
Geschichte, es gibt keine Medienkampagne, keinen entsprechend gestalteten
Schulunterricht.
Die politischen Kräfte, die während der Balkankriege in den 1990er-Jahren
in Serbien an der Macht und verantwortlich für die serbische Soldateska
waren, sind de facto rehabilitiert worden. Die von Milosevic gegründete
Sozialistische Partei Serbiens (SPS) ist heute Koalitionspartner in der
proeuropäischen Regierung Serbiens. Milosevic Mediensprecher ist heute
Serbiens Innenminister. Die Srebrenica-Deklaration war für die einen zu
viel, für die anderen viel zu wenig. Mit Versöhnung hat das politische
Theater in Belgrad allerdings recht wenig zu tun.
1 Apr 2010
## AUTOREN
Andrej Ivanji
## ARTIKEL ZUM THEMA
Massaker von Srebrenica: Halbherzige Entschuldigung
Nach hitzigen Debatten verabschiedet das Parlament eine Resolution zu dem
Massaker an rund 8.000 Muslimen in Srebrenica im Juli 1995. Das Wort
Genozid fehlt.
Prozess wird nicht verschoben: Erste Zeugen vor Karadzic-Tribunal
Der Prozess vor dem Den Haager Kriegsverbrechertribunal gegen den früheren
Serbenführer Karadzic geht weiter: Er scheiterte mit dem Versuch, seinen
Prozess weiter zu verschleppen.
Debatte Balkan: Serbiens Hallstein-Doktrin
Serbien erkennt das Kosovo nicht als Staat an und will es politisch
isolieren. Um eine Perspektive zu eröffnen, müsste es zu einer echten
Bewältigung der Vergangenheit kommen.
Kommentar Karadzic: Hochzeit für die Ideologen
Karadzic' Verteidigung eröffnet eine scharfe Auseinandersetzung um die
jüngere Geschichte auf dem Balkan. Die Serben hätten sich doch nur gewehrt.
Srebrenica-Genozid in Serbien: Präsident verurteilt die Verbrechen
Serbiens Staatschef wird vorgeworfen, den Srebrenica-Genozid lediglich für
eine EU-Mitgliedschaft zu verurteilen. Die Koalition und Opposition
zerstreiten sich über die Anerkennung.
Debatte Balkan-Kriege: Das Erbe von Dayton
Am Montag beginnt in Den Haag der Prozess gegen Karadzi. Für Bosniens
Zukunft als funktionsfähiger Staat ist er aber ohne Bedeutung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.