# taz.de -- Prozess wird nicht verschoben: Erste Zeugen vor Karadzic-Tribunal | |
> Der Prozess vor dem Den Haager Kriegsverbrechertribunal gegen den | |
> früheren Serbenführer Karadzic geht weiter: Er scheiterte mit dem | |
> Versuch, seinen Prozess weiter zu verschleppen. | |
Bild: Radovan Karadzic am 2. März 2010. | |
DEN HAAG dpa | Der wegen Völkermordes angeklagte ehemalige Serbenführer | |
Radovan Karadzic ist mit dem Versuch gescheitert, seinen Prozess um etliche | |
weitere Monate zu verschieben. Die Berufungskammer des Internationalen | |
Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien lehnte entsprechende | |
Anträge des 64-Jährigen am Donnerstag "in ihrer Gesamtheit" ab. Die | |
Begründungen seiner Forderungen nach mehr Zeit und Geld für die | |
Verteidigung seien nicht nachvollziehbar. | |
Der vor einem Monat unterbrochene Prozess soll nun am 13. April mit dem | |
Beginn der Beweisführung durch die Staatsanwaltschaft fortgesetzt werden. | |
Das UN-Kriegsverbrechertribunal beginnt dann mit der Vernehmung der ersten | |
Zeugen. Der Vorsitzende Richter O-Gon Kwon hatte das Verfahren am 2. März | |
wegen eines erneuten Antrags von Karadzic ausgesetzt, mehr Zeit für seine | |
Vorbereitung auf die Beweisaufnahme samt Zeugenvernehmung sowie das Studium | |
der Hunderttausende Seiten umfassenden Anklagedokumente zu bekommen. | |
Der Prozess, der am 26. Oktober 2009 mehr als ein Jahr nach der Festnahme | |
von Karadzic begann, ist durch immer neue Verfahrensanträge des Angeklagten | |
mehrfach verzögert worden. Die Eröffnung der Hauptverhandlung mit der | |
Verlesung der Anklage hatte Karadzic boykottiert. Er drohte erneut mit | |
einem Boykott, falls die Zeugenvernehmung trotz seines Antrags auf | |
Verschiebung beginnen sollte. Sie wurde daraufhin durch den Richter | |
kurzfristig abgesetzt, obwohl einige Zeugen bereits aus Bosnien-Herzegowina | |
nach Den Haag gereist waren. | |
Karadzic ist in insgesamt elf Fällen wegen Völkermordes, Kriegsverbrechen | |
und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Bosnienkrieges | |
angeklagt. Der ehemalige Präsident der bosnischen Serbenrepublik hat alle | |
Vorwürfe zurückgewiesen und erklärt, es habe niemals einen Völkermord in | |
Srebrenica gegeben. Dass in der dortigen UN-Schutzzone im Juli 1995 etwa | |
8000 muslimische Bosnier von bosnisch-serbischen Truppen ermordet wurden, | |
sei ein fabrizierter "Mythos". | |
1 Apr 2010 | |
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