# taz.de -- Alternative "Adam"-Tablet: Der Traum vom iPad-Killer | |
> Sieben junge Inder wollen Apple den Kampf ansagen. Mit ihrem innovativen | |
> "Adam"-Tablet bieten sie all das, was das iPad nicht kann und sind dazu | |
> noch günstiger. | |
Bild: Bedienbar von beiden Seiten: das "Adam"-Tablet. | |
HYDERABAD taz | Der Messestand von Notion Ink ist leer. Als einziger. An | |
den anderen hundert Ständen werden Softwareprodukte, Geräte und | |
Dienstleitungen angepriesen - all das, was auf einer IT-Messe zu erwarten | |
ist. Ungewöhnlich, aber indischer Alltag, ist es, dass selbst hier in | |
„Cyberabad“, wie die südindische Metropole Hyderabad genannt wird, ab und | |
zu der Strom ausfällt. Die Messehalle versinkt dann für einige Sekunden in | |
Dunkelheit. | |
Die Firma Notion Ink versteckt sich hinter diesem leeren Messestand. Das | |
Unternehmen von sieben jungen Hochschulabsolventen, das mit seinem „Adam | |
Tablet“ dem iPad die Stirn bieten will, scheut die Öffentlichkeit. Sachin | |
Ralhan, zuständig für das Marketing, meint, zur Messe sei man nur gekommen, | |
um einen Startup-Preis einzuheimsen und einem Investoren einen Gefallen zu | |
tun. Ansonsten tauche man ab, die indische Presse würde sie sonst nicht | |
mehr in Ruhe lassen - so wurde ihr Produkt schon als „iPad-Killer“ | |
tituliert. Endlich, so das Echo in der Öffentlichkeit, tritt ein indisches | |
Produkt an, um auf dem Weltmarkt Erfolg zu haben. Bislang sei es eher so, | |
dass die gut ausgebildeten IT-Kräfte in den Entwicklungsabteilungen von | |
IBM, HP, Microsoft und Co. unterkommen. | |
Tatsächlich hat das "Adam"-Tablet für einiges Aufsehen gesorgt, als es | |
Anfang des Jahres auf der Consumer Electronic Show in Las Vegas und auf dem | |
Mobile World Congress in Barcelona ins Rampenlicht trat. Es wirkt wie das | |
Gegenstück zu Apples iPad und der Traum von der digitalen eierlegenden | |
Wollmilchsau: Das Pixel Qi-Display erlaubt es, in einen stromsparenden | |
monochromen eBook-Modus umzuschalten. Mit dem linuxbasierten | |
Android-Betriebssystem hat es eine halbwegs offene Architektur; mit | |
etlichen Schnittstellen, Speicherkartenslot, GPS, Wlan und ggf. UMTS bietet | |
es einiges mehr als das gehypte iPad an. | |
Der Nvidia Tegra-Chip ist stromsparend aber leistungstark, unterstützt | |
Flash, HD-Videos und erlaubt sogar Spiele mit der Unreal-Engine. Als Clou | |
weist das "Adam"-Tablet noch eine schwenkbare Kamera und auf der Rückseite | |
ein zusätzliches Touchpad. So lässt sich das Gerät auch bedienen, wenn man | |
es mit beiden Händen hält - der Bildschirm wird nicht durch Gesten auf dem | |
Touchscreen verdeckt. | |
Die Mitarbeiter von Notion Ink waren erst nach langem Hin und Her zu einem | |
Treffen mit einem Journalisten aus Deutschland zu bewegen. Vielleicht | |
motivierte sie auch der Fakt, dass sie erste Gespräche mit einem deutschen | |
Mobilfunkanbieter führen. Mit wem war allerdings nicht zu erfahren, das sei | |
alles geheim. Einzige Erkenntnis: Das Gerät soll im dritten Quartal, | |
spätestens zum Weihnachtsgeschäft in den USA auf den Markt kommen, zu einem | |
Preis, der für die Basisversion des Tablets unter 400 Dollar liegen soll. | |
Sachin Ralhan, 26, ist für das Maketing zuständig und gleichzeitig der | |
Älteste der sieben Gründer von Notion Ink - die jüngsten sind gerade 24 | |
Jahre alt. Auf den ersten Blick wirkt es erstaunlich, dass solche | |
unerfahrene junge Erwachsene auf dem gleichen Spielfeld wie Apple ihr Glück | |
versuchen wollen. Klar ist, dass ihnen eine Riege von Professoren und | |
IT-Profis mit Rat und Tat zur Seite stehen. Immerhin scheinen Investoren | |
bereit zu sein, Millionen von Dollar in das "Adam"-Tablet und damit in das | |
Unternehmen zu stecken. | |
Es scheint sich zu bewahrheiten, was oft beschworen wird: Der Erfolg von | |
Unternehmen hängt auch an den daran beteiligten Persönlichkeiten. Sachin | |
Ralhan jedenfalls hat ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein: Er verrät, dass | |
er noch nie so eine Produktpräsentation gemacht hat, wie die, die er gleich | |
auf einem Podium der Messe zu halten hat. Die erledigt er daraufhin recht | |
souverän. Solch eine Souveränität legt auch sein Kollegen, Rajat Sahni, der | |
die Öffentlichkeitsarbeit betreut, an den Tag. In einem Kreis von Gründern | |
und Business Angels plaudert er über Geschäftspläne und Produktzyklen. Man | |
beginnt zu ahnen, wie diese jungen Männer andere Leute von ihrem Vorhaben | |
überzeugen konnten. | |
Auch ihr Gerät sei nach einem halben Jahr veraltet, stellt Sahni nüchtern | |
fest. Man müsse, wie Apple es vorgemacht habe, eine Art Ökosystem | |
erschaffen. Anwendungen, wie es sie im App-Store gibt und Inhalte anbieten, | |
damit der Nutzer an das Gerät gebunden wird. Derzeit werkeln in einem | |
IT-College am Rande von Hyderabad - eine Art Brutkasten für Startups wie | |
Notion Ink - dutzende Entwickler an Apps und einer speziellen | |
Benutzeroberfläche für das 10-Zoll-Display des "Adam"-Tablets. Das ist | |
nötig, weil die Oberfläche des Android-Betriebssystem für die kleineren | |
Bildschirme von Smartphones ausgelegt ist. | |
Überhaupt habe man vor Apple enormen Respekt, betont Rahat Sahni. Als | |
Kampfansage sei der Name „Adam“ keineswegs zu verstehen, auch wenn der | |
alttestamentarische Adam in den von Eva gereichten Apfel gebissen habe. | |
Adam stünde einfach für das erste Produkt einer Geräteserie. Sahni | |
rekapituliert die kurze Firmengeschichte: Die Idee des Unternehmens ging | |
von seinem Kommilitonen Rohan Shravan aus: „Der denkt seitdem über so ein | |
Gerät nach, seit er in der Lage ist, über so etwas nachzudenken“, meint | |
Sahni. Vor gut zwei Jahren wurde dann die Firma Notion Ink von drei der | |
Studierenden gegründet; der Gründerstamm wurde dann auf sieben erweitert, | |
alle Absolventen des Indian Institute of Technology, einem Verbund von | |
sieben Universitäten. | |
Der Ursprung für ihre Geräteidee liege in dem Studiumsalltag selbst, | |
erinnert sich Sahni. Gerne hätten sie in einem Gerät all das vereint | |
gehabt, was sie im Hörsaal, der Bibliothek und in der Freizeit benötigten. | |
Mit dem "Adam"-Tablet wolle man sich nun in Indien auch speziell dem | |
Bildungsmarkt, genauer den Fernunis widmen. Deren Studierenden würden bis | |
zu 400 Dollar im Jahr für Bücher ausgeben müssen; würden die Unis auf ihr | |
Tablet umsteigen, könnte man mit digitalen Kursmaterialien einiges an Geld | |
einsparen. Der junge Inder meint: „Wir versuchen etwas spezielles für den | |
Bildungsmarkt in Indien - wir sind durch das System gegangen, deswegen | |
verstehen wir, wie es verbessert werden kann.“ | |
6 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Lorenz Matzat | |
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