# taz.de -- Streit um Kaczynskis Ruhestätte: Die Proteste verschärfen sich | |
> Die täglichen Demos in Krakau ziehen immer mehr Polen an. Sie wollen | |
> verhindern, dass Präsident Kaczynski in der Königsgruft des | |
> Wawel-Schlosses in Krakau beigesetzt wird. | |
Bild: Warschau sei für Präsidenten, Krakow für Könige, fordern die Demonstr… | |
WARSCHAU taz | Die Proteste gegen die Beisetzung des polnischen | |
Präsidentenpaars in der Königsgruft des Wawel-Schlosses in Krakau | |
verschärfen sich. Skandierten am Dienstag noch knapp 500 Menschen vor dem | |
Bischofssitz in Krakau, so waren es am Mittwochabend schon 2.000. "Nicht | |
auf dem Wawel! Krakau sagt Nein!" Mehr und mehr Städte in ganz Polen | |
schließen sich an. | |
Auch in Warschau, Posen, Breslau und Lódz gehen Menschen auf die Straße. | |
Dabei herrscht bis Sonntag noch Staatstrauer. Bei einer Flugzeugkatastrophe | |
am Samstag im westrussischen Smolensk kamen 96 Menschen ums Leben, darunter | |
Polens Staatspräsident Lech Kaczynski und seine Frau Maria. | |
Die religiösen Polen kostet es große Überwindung, das Friedensgebot der | |
Pietät in dieser Trauerzeit zu brechen. Zumal jeden Tag auf dem Warschauer | |
Flughafen ein weiteres Flugzeug mit Särgen landet. Wenn dann 30 oder 40 | |
Leichenwagen in Kolonnen durch die Stadt fahren, bekreuzigen sich viele | |
Menschen. Doch der Wawel gilt den Polen als "Nationalheiligtum". Dort | |
wurden Polens Könige, Heilige, Dichter und Nationalhelden beigesetzt. Die | |
Gruft unter der Königskathedrale gehört zum Unesco-Weltkulturerbe. | |
Nicht nur Bürger auf der Straße, auch immer mehr Prominente in Polen | |
kritisieren die "übereilte Entscheidung" von Kardinal Stanislaw Dziwisz. So | |
der Filmregisseur Andrzej Wajda, der Historiker Wladyslaw Bartoszewski und | |
die Philosophin Magdalena Sroda. Polens früherer Präsident Lech Walesa ist | |
so verärgert, dass er nicht einmal zur Beerdigung der Kaczynskis nach | |
Krakau fahren will. Dabei werden Staatsgäste aus der ganzen Welt erwartet. | |
Noch ist nicht geklärt, ob Kaczynski möglicherweise an dem Unfall Mitschuld | |
trägt. Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko machte am | |
Donnerstag den tödlich verunglückten Staatschef Polens direkt für den | |
Absturz verantwortlich. Wenn der Präsident mit seiner Maschine unterwegs | |
sei und es außergewöhnliche Vorkommnisse gebe, informiere der Pilot den | |
Staatschef persönlich darüber, zitierte Lukaschenko die Nachrichtenagentur | |
Interfax. "Der Präsident hat das letzte Wort, und er entscheidet, ob das | |
Flugzeug landen soll oder nicht. Aber dennoch müssen die Piloten nicht | |
gehorchen." | |
Vor Tagen hatten die früheren Präsidenten Polens Lech Walesa und Aleksander | |
Kwasniewski bestätigt, dass dies auch in ihrer Amtszeit so üblich gewesen | |
sei. Die Piloten der Unglücksmaschine haben also aller Wahrscheinlichkeit | |
nach Kaczynski über die Wetterwarnungen informiert. | |
Zwei Flugschreiber - ein technischer und der aus dem Cockpit - wurden von | |
den Russen untersucht. Ein dritter mit Aufzeichnungen aus dem Passagierraum | |
wird in Polen ausgewertet. Sollte Kaczynski oder einer der Generäle auf der | |
Landung bestanden haben, müsste dies auf diesem dritten festgehalten worden | |
sein. Polens Regierung hat aber bislang nur zugesichert, das Protokoll des | |
zweiten Flugschreibers vollständig zu veröffentlichen. | |
15 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Gabriele Lesser | |
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