# taz.de -- die wahrheit: Die innere Galeere | |
> Bankunwesen: Moderne Manager auf der Ruderbank ihrer Karriere. | |
Bild: Das wollen alle armen, geknechteten Banker: endlich von der Ruderbank in … | |
"Wir sind nicht bei Ben Hur und sind keine Galeerensklaven!", empörte sich | |
jüngst ein Banker der Hypo Real Estate, als die beliebten Boni von der | |
fiesen Bankaufsicht Soffin in Frage gestellt wurden. Der "Topmanager" | |
(Tagesspiegel) blieb ungenannt, vermutlich, weil er von aufgebrachten | |
Bankgeschädigten nicht schanghait werden wollte. | |
Einen Bonus für seine Galeerensklaven-Metapher hätte unser vorsichtiger | |
Manager schon einmal nicht verdient: Angekettete Sträflinge wie die | |
Filmkomparsen bei Ben Hur hat es in der Antike vermutlich nie gegeben, sie | |
sind ein Mythos wie der des rechtschaffenen Bankers heutzutage. In antiken | |
Griechenland und sogar im dekadenten spätrömischen Reich wurden Freie als | |
Schiffsbesatzung bevorzugt. | |
Doch inwieweit lässt sich die Arbeit des Galeerensklaven mit der des | |
Bankers überhaupt vergleichen? Im 16. Jahrhundert wurden tatsächlich | |
Sträflinge an die Ruderbank (Bank!) gekettet, der moderne Ruderknecht in | |
der Bank wird eher durch Vergünstigungen an seine Bank geschmiedet. Die | |
Haare der Galeerensklaven wurden abgeschnitten, gearbeitet wurde mit | |
nacktem Oberkörper. Schlipse hätten sich in den Ketten verfangen können und | |
waren Galeerensklaven wegen der Unfallgefahr von der Berufsgenossenschaft | |
streng verboten. In Banken sind Schlipse dagegen obligat. | |
Kurzgeschorene Haare mag man allerdings heutzutage in manchen Filialen | |
sichten, womöglich auch Tatoos. Früher war eher das Branding oder die | |
Brandmarkung der Sklaven üblich. Die aufpeitschende Musik auf dem Walkman | |
des Bankers war dem Galeerensklaven der laute Ton der vorantreibenden | |
Trommel, das Peitschen erfolgte separat. Die Verurteilten blieben früher | |
oft auf Lebenszeit an Bord, der moderne Bänker dagegen wechselt seine | |
Ruderbank geschmeidig, je nachdem, was Bordküche und Kasse zu bieten haben. | |
Die Arbeit der Galeerensklaven blieb im Gegensatz zum Banker unbezahlt. | |
Letztlich bleiben wenige Gemeinsamkeiten zwischen Sträfling und Banker, | |
warum also vergleicht sich unser anonymer Banker ausgerechnet mit | |
Galeerensklaven? Vielleicht ist es ein unbewusstes Sehnen nach Strafe und | |
Sühne? Er ist jedoch nicht der Einzige, der den Galeeren-Vergleich bemüht, | |
auch ein veritabler Regierungschef gesellt sich auf die Ruderbank: So | |
klagte Wladimir Putin bei seinem Ausscheiden als Präsident: "Ich habe acht | |
Jahre wie ein Galeerensklave geschuftet, von morgens bis abends." Eine | |
provokante Behauptung. Man könnte meinen, der dunkle Despot habe im | |
"Deutschen Institut für Provokative Therapie" seine Motivation als | |
Regierungschef untersuchen lassen. Das "D.I.P." analysiert auf seiner | |
Website [1][provokativ.com] die Motivation eines Galeerensklaven: "Ein | |
Galeerensklave tut seine Arbeit, weil der Aufseher mit einer großen | |
Peitsche hinter ihm steht und ihn nicht aus den Augen lässt, und es | |
interessiert niemanden, ob er Lust hat zum Rudern oder nicht." Doch es gibt | |
Hoffnung: "Die Zeit der Galeerensklaven neigt sich ihrem Ende zu." Na also! | |
Doch ehe diese Zeit vorbei ist, sollten auch Banker und Politiker eine | |
Seite des Galeerensklaven sehen, die ihnen meist abgeht: "Selbst die | |
Galeerensklaven haben ihren Stolz und ihr Ehrgefühl, sie haben den Stolz, | |
gute Galeerensklaven zu sein und ,nun einmal zu zeigen', was sie können. | |
Wenn das Auge des Kommandorufers, der mit der Peitsche die Reihen | |
entlanggeht, wohlgefällig auf ihm ruht, so ist er beglückt, als hätte ihm | |
ein Kaiser persönlich einen Orden an die Brust geheftet." Das schreibt B. | |
Traven im "Totenschiff". | |
Weniger romantisch sieht Schopenhauer das Arbeitsfeld des Galeerensklaven. | |
Als er im Hafen von Toulon Galeerensträflingen begegnete, schrieb er | |
entsetzt: "Das Loos dieser Unglücklichen halte ich bey weiten schrecklicher | |
wie Todesstrafen. Die Galeeren, die ich von außen gesehen habe, scheinen | |
der schmutzigste, ekelhafteste Aufenthalt, der sich denken lässt. Das Lager | |
der Sträflinge ist die Bank (!), an die sie gekettet sind. Ihre Nahrung | |
bloß Wasser und Brod … während ihrer Slaverey werden sie ganz wie Lasthiere | |
behandelt, es ist schrecklich?" Philosophisch folgert er: "Der Thor ist der | |
schlafende, träumende Galeerensklav, der Weise der wachende, der seine | |
Ketten sieht und ihr Klirren hört." | |
Und was würde er zu dem Wort des Bankers sagen: "Wir sind keine | |
Galeerensklaven!"? Ganz sicher: "Banker sind allerdings keine | |
Galeerensklaven. Aber die Idee gefällt mir!" | |
15 Apr 2010 | |
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