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# taz.de -- Kommentar: Die Ausnahme als inspirierender Zustand
> Die Stadt, die Gesellschaft, jeder einzelne könnte aus dem Aschechaos
> lernen. Dass nicht jede Flugreise nötig ist, zum Beispiel.
Bild: Wenn nichts mehr fliegt, muss ein anderer Weg nach Hause her.
Arbeitsplätze blieben am Montag leer, weil Kollegen in Portugal festsaßen.
Oder weil ein Firmenchef nach einer 50-Stunden-Busfahrt aus Istanbul
erstmal ins Bett musste. Umgekehrt stehen Berlin-Touristen plötzlich vor
der Frage, ob sie jetzt illegal in der Stadt sind, weil ihre Visa ablaufen.
Und wer bei Ausländerbehörden und Innenverwaltungen nach der Antwort sucht,
ob das tatsächlich so ist, bekommt mindestens drei verschiedene Antworten.
Der Vulkanausbruch auf Island wirbelt den Berliner Alltag durcheinander.
Normalität kommt an ihre Grenzen - der Extremfall sprengt sie.
Bis auf diejenigen, die sich nun zwangsweise länger an der Algarve sonnen,
werden die meisten über ein solches Chaos stöhnen. Dabei ist dieser
Ausnahmezustand eine wunderbare Chance zur Selbstreflektion.
Die taz versucht gerade etwas ganz ähnliches. Ganz ohne Vulkanausbruch
werden in der Redaktion für eine Woche die internen Strukturen gehörig
umgekrempelt. Die jungen KollegInnen bekommen die Macht, die alten Hasen
übernehmen Praktikantenaufgaben - oder schreiben Kommentare auf Wunsch der
Jugend. Dadurch kommt viel ungewohntes in die Zeitung. Und an anderer
Stelle fliegt auch lieb Gewonnes aus dem Blatt.
Das gefällt natürlich nicht allen. Schon weil bei weitem nicht alles, was
während der Experimentalwoche entsteht, tatsächlich auch gut ist. Aber bei
jeder einzelnen Veränderung lohnt die Frage, ob sie sich auf Dauer bewähren
könnte.
Genauso könnte die Stadt, die Gesellschaft, jeder einzelne aus dem
Aschechaos lernen. Dass nicht jede Flugreise nötig ist, zum Beispiel. Dass
Busfahrten anstregend, aber durchaus ein Erlebnis sind. Oder dass man
Kollegen, selbst wenn sie am Strand festsitzen, selbstverständlich klaglos
ersetzt.
Ausgerechnet die Berliner Ausländerbehörde geht mit gutem Beispiel voran.
Dieses Ungetüm, das anhand teils unglaublicher Paragrafenvorgaben über
Schiksale entscheidet, drückt nun mal eben beide Augen zu. Noch schöner
wäre es, wenn durch die Zuspitzung im Extremfall offensichtlich würde, wie
extrem die Vorgaben an die Ausländerbehörde selbst im stinknormalen Alltag
sind.
Wenn in Island ein Vulkan faucht, bedeutet das nicht den Weltuntergang. Ein
guter Anlass, verstaubte Regeln über Bord zu werfen, ist es allemal.
19 Apr 2010
## AUTOREN
Gereon Asmuth
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Flugverbot mit Folgen: Illegal durch die Aschewolke
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nicht nach Hause fliegen können, läuft das Visum ab. Umgekehrt bleiben
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