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# taz.de -- Vereinsmeierei in Deutschland: Das Henne-Ei-Problem des DOSB
> Eine Mitgliedschaft im Deutschen Olympischen Sportbund verspricht
> Prestigegewinn und Fördergelder. Viele Kleinsportarten hoffen auf eine
> Aufnahme - doch die Einstiegshürden sind hoch.
Bild: Wer möchte nicht gerne neben DOSB-Präsident Thomas Bach jubeln?
BERLIN taz | Es ist das große Ziel diverser Kleinsportarten: die Aufnahme
in den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). 27 Millionen Mitglieder hat
der DOSB, 61 sogenannte Spitzenverbände, davon 33 olympische, sind hier
organisiert. Neben Fußballern und Leichtathleten gehören auch Exoten wie
der Deutsche Rasenkraft- und Tauzieh-Verband dazu. Wer hier dabei ist, darf
sich zur deutschen Sportfamilie zählen. Doch es geht nicht nur ums
Prestige: ein großer Teil der staatlichen Sportförderung wird über den DOSB
verteilt. Entsprechend ist es nicht so einfach, in diesen illustren Kreis
zu gelangen.
Dabei geht es zunächst um die Frage: Was ist eigentlich eine Sportart? „Der
DOSB sagt nicht: Das ist ein Sport, das ist kein Sport“, so
Verbands-Sprecher Christian Klaue. In der Aufnahmeordnung findet sich indes
eine Definition. Ein Sport muss eine „eigene, sportartbestimmende
motorische Aktivität“ sein, was „insbesondere (…) bei Denkspielen, Baste…
und Modellbautätigkeit, Zucht (…) und Dressur von Tieren“ nicht der Fall
sei.
Warum ist dann Schach dabei? Für alle vor 2006 aufgenommenen Mitglieder
gibt es Bestandsschutz. Ob der Schachbund denn auch in den DOSB aufgenommen
würde, wenn man es heute erfinden würde? „Das ist Spekulation“, sagt
Christian Klaue. Verstanden.
Darüber hinaus muss ein Sport „die Einhaltung ethischer Werte (…)
gewährleisten. Dies ist nicht gegeben insbesondere bei
Konkurrenzhandlungen, die ausschließlich auf materiellen Gewinn abzielen
oder die eine tatsächliche oder simulierte Körperverletzung (…)
beinhalten.“ Was das Aus für Paintball, Ultimate Fighting oder Pokern
darstellt. Auch für Profiboxen, während Amateurboxen dank Kopfschutz und
kürzerer Kampfzeiten mit im DOSB ist.
Dazu kommen harte Zahlen: 10.000 Mitglieder muss ein Anwärter haben und in
mindestens acht Landessportbünden (LSB) organisiert sein. „Das ist für uns
absolut utopisch“, sagt Carsten Höfinghoff, Vizepräsident des Deutschen
Cricketbunds (DCB). 3.000 Mitglieder hat der DCB, Tendenz leicht steigend -
mit der Betonung auf leicht. Höfinghoff setzt auf die vage Hoffnung, dass
Cricket irgendwann olympisch wird - dann ist man nämlich automatisch im
DOSB dabei.
Zuversichtlicher ist man beim Deutschen Unihockey-Bund. Rund 7.000
Mitglieder und sieben LSB-Mitgliedschaften hat man schon beisammen.
DUB-Generalsekretär Mike Bunke kennt die Mühen der Ebene: Der LSB
Nordrhein-Westfalen etwa setzt 4.000 Mitglieder voraus. Und die
Niedersachsen „verlangen für eine Aufnahme, dass man in möglichst vielen
anderen Landessportbünden Mitglied ist“, so Bunke. Auch Klaus Gottesleben,
Präsident des Deutschen Tischfußball-Verbands (DTFB) spricht vom
Henne-Ei-Problem.
Der DTFB hat mittlerweile 5.500 Mitglieder, ihm fehlt aber etwas anderes
Entscheidendes: die Gemeinnützigkeit. 2009 wurde ihm vom Finanzamt die
temporäre Gemeinnützigkeit mit der Begründung entzogen, Tischfußball sei
kein Sport. Dagegen wurde Klage vor dem Hessischen Finanzgericht
eingereicht, seit einen Jahr wartet man auf eine Verhandlung. „Es zieht
sich wie Kaugummi“, sagt Gottesleben. „Das tut uns überall weh. Wir können
etwa an das Thema Jugendarbeit nicht richtig rangehen. Auch in die
Landessportbünde kommt man so nicht.“
21 Apr 2010
## AUTOREN
Michael Brake
Michael Brake
## TAGS
Spitzensport
Schwerpunkt Sport trotz Corona
Fußball-Bundesliga
Schach
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