# taz.de -- IWF will Banken anders zahlen lassen: Finanztransaktionssteuer adé | |
> Mit Abgaben sollen Finanzfirmen an den Kosten künftiger Krisen beteiligt | |
> werden, sagt der Internationale Währungsfond. Die von Attac geforderte | |
> Finanztransaktionssteuer lehnt er ab. | |
Bild: Eine gute Idee: die Finanztransaktionssteuer. | |
Der Internationale Währungsfonds (IWF) lehnt in einer von der G 20 in | |
Auftrag gegebenen Studie eine globale Finanztransaktionssteuer ab. | |
Stattdessen sollen Banken eine Stabilitätsabgabe entrichten, um so bei | |
künftigen Krisen zu den Kosten der Rettungsmaßnahmen beizutragen. Am | |
Freitag wollen sich die Finanzminister der G 20 am Rande der | |
Frühjahrstagung von IWF und Weltbank mit dem Thema befassen. | |
Der am Mittwoch von der BBC publik gemachte IWF-Bericht sieht zunächst eine | |
pauschale Abgabe vor, die später je nach Risiko ausdifferenziert werden | |
sollte. Um zu verhindern, dass Bankgeschäfte einfach umdeklariert werden, | |
müssten auch Versicherungen, Hedgefonds und andere Finanzinstitute zur | |
Kasse gebeten werden. Insgesamt sollten von den Finanzfirmen Gelder in Höhe | |
von 2 bis 4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) eingesammelt werden. | |
Die deutschen Banken müssten also 50 bis 100 Milliarden Euro in einen | |
Krisenfonds einzahlen. Bislang haben dem IWF zufolge die Industrieländer in | |
der G 20 im Schnitt 2,7 Prozent ihres BIP für die Rettung des Finanzsektors | |
aufgewendet - in einigen Fällen aber auch bis zu 5 Prozent. Als Folge werde | |
die Staatsverschuldung massiv ansteigen, was für sich genommen schon ein | |
Risiko für die Finanzstabilität darstelle. Wenn die Staaten daher den | |
Finanzsektor noch stärker zur Finanzierung heranziehen wollen, dann könnten | |
sie überdies noch Steuern auf Einnahmen und Gehalts- und Bonuszahlungen der | |
Banken erheben, rät der IWF. Von der angedachten Steuer auf Umsätze mit | |
Währungen, Wertpapieren und Derivaten sollten sie aber die Finger lassen. | |
IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn hatte aus seiner Abneigung gegen die | |
Finanztransaktionssteuer nie einen Hehl gemacht. Diese sei kaum umsetzbar, | |
weil sie zu leicht umgangen werden könne. Interessanterweise sehen das die | |
Autoren der Studie anders. "Die Erhebung von Steuern auf alle möglichen | |
Arten börsengehandelter Wertpapiere kann einfach und billig sein, wenn sie | |
über zentrale Verrechnungsstellen erfolgt, wie das Beispiel der britischen | |
Börsenumsatzsteuer zeigt", heißt es in der Studie. | |
Die IWF-Experten finden stattdessen zahlreiche andere Gründe für ihre | |
Ablehnung: Finanztransaktionssteuern wirkten zu ungezielt, denn | |
Transaktionen würden unabhängig von ihrem Risiko besteuert. Dass vor allem | |
kurzfristige Spekulation dadurch unattraktiver würde, sehen die Autoren | |
nicht als Vorteil, denn man könne "unerwünschte" nicht von | |
"wünschenswerten" kurzfristigen Transaktionen unterscheiden. Wenn | |
Finanzgeschäfte zwischen Unternehmen durch die Steuer verteuert würden, | |
gehe das überdies zu Lasten des Outputs und damit der Effizienz. Vor allem | |
aber setze die Finanztransaktionssteuer im Gegensatz zur Bankenabgabe nicht | |
da an, wo die IWF-Experten die größten Risiken für das Finanzsystem sehen - | |
bei den Banken nämlich, die zu groß und zu systemrelevant sind, um | |
pleitegehen zu dürfen. | |
Für Detlev von Larcher, Mitglied im Attac-Koordinierungskreis, zeigt die | |
Ablehnung der Finanztransaktionssteuer durch den IWF "den dominierenden | |
Einfluss der Finanzindustrie und der US-amerikanischen Regierung". Dem | |
Kampagnenbündnis "Steuer gegen Armut" zufolge wärmt der Bericht alte | |
Argumente auf, die längst widerlegt seien - etwa dass die Realwirtschaft | |
durch die Steuer belastet würde. "Das Gegenteil ist der Fall: Indem die | |
Spekulation reduziert wird, sinkt auch die Volatilität auf den Märkten und | |
damit die Risiken. Dadurch sinken die Kosten der Risikoabsicherung, und | |
davon profitiert die Realwirtschaft", heißt es in einer Erklärung des | |
Bündnisses. "Eine Bankenabgabe ist zwar besser als nichts, aber sie | |
verhindert keine schädlichen Spekulationen", urteilte DGB-Vorstandsmitglied | |
Claus Matecki. In Frankfurt demonstrierten am Mittwoch Aktivisten von Attac | |
und Oxfam für die Finanztransaktionssteuer. | |
22 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Nicola Liebert | |
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