# taz.de -- Kommentar Gewalt gegen Polizei: Falscher Weg, falscher Anlass | |
> Mit hysterisierenden Zahlen soll eine Strafverschärfung durchgeboxt | |
> werden. Dabei dient sie allein dem Zweck, die Polizeibeamten zu trösten. | |
Polizisten sehen sich selbst wachsender Feindseligkeit ausgesetzt. Die | |
Indizien sprechen dafür, dass die Gewalt gegen Polizisten tatsächlich | |
zugenommen hat. Man darf sogar davon ausgehen, dass um des allgemeinen | |
Sicherheitsgefühls willen gar nicht immer berichtet wird, welcher | |
Streifenpolizist sich von 16-jährigen unkontrollierten Testosteronbolzen | |
die Finger brechen lassen musste, weil er sie aufforderte, das | |
Bus-Wartehäuschen zu schonen. Darauf muss ein Innenminister reagieren. | |
Nur: Weder sind der Anlass noch die Stichworte richtig gewählt noch | |
überzeugt die erhobene Forderung. Justizministerin Sabine | |
Leutheusser-Schnarrenberger weist zu Recht darauf hin, dass | |
Körperverletzung gegen Polizisten bereits strafbar ist. Der Löwenanteil der | |
Übergriffe hat - anders als von der CDU behauptet - mit Linksextremismus | |
gar nichts zu tun. Die 1.-Mai-Festspiele 2009 brachten hysterisierende | |
Zahlen zur Gewalt gegen Polizisten hervor, die heuer politisch und medial | |
missbraucht werden. | |
Eine Strafverschärfung nach de Maizière dient allein dem Zweck, die | |
aufgebrachten, auch verängstigten Beamten zu trösten. Sie könnte aber deren | |
Sicherheit sogar schaden, indem sie - sofern überhaupt registriert - die | |
Gewaltbereitschaft des Zielpublikums noch fördert. Nach allem, was von den | |
jungen Schlägern bekannt ist, inszenieren sie ihren traurigen Alltag als | |
Krieg, der jedes Mittel erlaubt. Höhere Strafen wirken selten abschreckend | |
- dürften aber den erstrebten Kriegsheldenstatus nur steigern. | |
Sollte die Union sich mit der Erforschung der Gewaltursachen so sorgfältig | |
befassen wie mit den Gewaltfolgen, wird sie es mit ihrer eigenen | |
Bildungspolitik, mit der Spaltung der Gesellschaft, mit all den Dingen zu | |
tun bekommen, die schwerer zu bearbeiten sind, als mal eben einen | |
Strafrahmen festzusetzen. | |
26 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Winkelmann | |
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