# taz.de -- Bad Oeynhausens riskante Zockereien: Der Bürgermeister schießt zu… | |
> Der Bürgermeister von Bad Oeynhausen steht am Pranger, weil er mit dem | |
> Geld der Stadt riskante Geschäfte gemacht haben soll. Nun schießt er | |
> zurück – gegen die Prüfer. | |
Bild: Auch die WeltLB war mit im Spiel. | |
Darf eine Stadt mit dem Geld ihrer Bürger riskante Derivategeschäfte | |
abschließen? Eine juristische Antwort auf diese politische Frage erhoffen | |
sich die Einwohner Bad Oeynhausens von der Staatsanwaltschaft in Bielefeld. | |
Dort sind sechs Anzeigen gegen Bürgermeister Klaus Mueller-Zahlmann (SPD) | |
eingegangen. | |
Mueller-Zahlmann und sein Kämmerer haben mehrere Derivategeschäfte über die | |
WestLB abgeschlossen, ohne das städtische Parlament einzuweihen - sehr zum | |
Verdruss der städtischen Rechnungsprüfer. Diese kritisieren in einem | |
internen Bericht "Wettgeschäfte" und "unzulässige Spekulationsgeschäfte". | |
Hinzugezogene Wirtschaftsprüfer bestätigten die Kritik. Die möglichen | |
Verluste für die knapp 50.000 Bad Oeynhausener werden von Mitgliedern des | |
Rates auf mehrere Millionen Euro geschätzt. Die taz hatte im März | |
berichtet. | |
Hinzu kommen jetzt neue Vorwürfe. So sollen Zahlmann und seine Mannschaft | |
auch Stiftungsgelder, die der Stadt vererbt worden waren, in einem "Dynamik | |
Depot" angelegt haben. Nach dessen Geschäftsbedingungen ist auch ein | |
Totalverlust möglich, ergab kürzlich eine Rechnungsprüfung. Außerdem soll | |
sich die Stadt über eine Wagnis-Kapitalgesellschaft an der Entwicklung | |
eines Medikaments beteiligt haben. | |
Unter den sechs Anzeigen ist auch eine des Rechnungsprüfungsamtes der | |
Stadt. Ein wohl einmaliger Fall: Beamte klagen ihren Bürgermeister der | |
Spekulation an. Bad Oeynhausen ist auch der erste Fall, wo Zockergeschäfte | |
durch das interne Controlling einer Stadt und nicht durch die politische | |
Opposition aufgedeckt wurden. Bürgermeister Mueller-Zahlmann setzte | |
daraufhin ein Disziplinarverfahren gegen seine Revisoren ein. | |
Mit den Spekulationen steht Bad Oeynhausen dagegen nicht allein. Seit 2003 | |
haben Banken vermehrt Kommunen und kommunale Versorgungsunternehmen | |
angesprochen. Zur angeblichen Optimierung der Zinsen wurden den Kommunen | |
Derivategeschäfte angeboten. "Besonders hervor tat sich die Deutsche Bank", | |
hat Liane Allmann, Betriebswirtin bei Rössner Rechtsanwälte in München, | |
festgestellt. "Andere Banken wie die WestLB, die Commerzbank oder die | |
HypoVereinsbank waren selbstverständlich auch im Geschäft." 2009 hätten | |
allein in NRW 188 von 396 Kommunen riskante Derivategeschäfte | |
abgeschlossen. Nun gehe "eine Bombe nach der anderen hoch". Pforzheim, Marl | |
und Hagen beklagen Millionenverluste. | |
Ob in Oeynhausen alles okay ist, ob die Banken das Vertrauen der | |
Stadtoberen missbraucht haben oder ob der Bürgermeister ein Hasardeur ist, | |
wird die Staatsanwaltschaft Bielefeld entscheiden. Dabei werde es um eine | |
Kernfrage gehen, sagt Pressesprecher Reinhard Baumgart: "Waren die | |
Derivategeschäfte so risikobeladen, dass die öffentliche Hand damit nicht | |
rumspielen darf?" | |
Der zuständige Dezernent wird nun prüfen, ob ermittelt oder das Verfahren | |
eingestellt wird. Bürgermeister Mueller-Zahlmann will sich erst nach einer | |
Entscheidung der Staatsanwaltschaft öffentlich äußern. | |
5 May 2010 | |
## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
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