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# taz.de -- Indischer Terrorprozess: Zum Tod am Galgen verurteilt
> Zur Genugtuung der indischen Öffentlichkeit bekommt der überlebende
> Attentäter des Terrorangriffs von Bombay, der Pakistaner Ajmal Kasab, die
> Höchststrafe.
Bild: Ein Richter hat es nun ausgesprochen, was viele Inder forderten: Der einz…
Der Angeklagte zitterte, als der Richter das Urteil sprach: Tod durch den
Strang für Ajmal Kasab, den einzig überlebenden der Attentäter von Bombay.
17 Monate nach der Angriffsserie auf den Hauptbahnhof, zwei Luxushotels,
ein jüdisches Gemeindezentrum und eine Ausländerkneipe in Bombay verhängte
dort am Donnerstag ein Sondergericht die Todesstrafe für den 22-Jährigen
aus Pakistan. Kasab wurde wegen 72-fachen Mordes und schwerem
Landfriedensbruchs verurteilt.
Das Todesurteil stieß in Indien auf breite Zustimmung. Bei dem
Terrorangriff am 26. November 2008 starben fast 170 Menschen. Indien macht
die in Pakistan ansässige islamistische Terrorgruppe Lashkar-e-Toiba für
das Attentat verantwortlich. Die Beziehungen zwischen den verfeindeten
Nachbarstaaten sind seither stark angespannt.
Kasab habe "wahllos auf unschuldige Menschen" geschossen und "Lust am
Töten" gehabt, begründete Richter M. L. Tahaliyani die Höchststrafe. Die
Menschen würden das Vertrauen in das Rechtssystem verlieren, würde Kasab
nicht hingerichtet. Mit seiner Tat habe er "das Recht auf menschliche
Behandlung verwirkt". Die Verteidigung hatte wegen Kasabs jugendlichen
Alters auf mildernde Umstände und für eine Haftstrafe plädiert. Kasab
selbst schwieg zum Urteil.
Der "Schlächter von Mumbai", wie indische Medien Kasab nennen, kann im Land
seiner Tat kaum mit Sympathien rechnen. Sein Gesicht ist wie kein anderes
mit dem Terroranschlag verbunden. Bilder der Überwachungskameras vom
Bahnhof zeigen den mit einer Kalaschnikow bewaffneten Kasab, wie er lässig
in Sportkleidung die Bahnhofshalle betritt. Es waren die ersten Aufnahmen,
die vom dreitägigen Terrorangriff öffentlich wurden.
Während des Prozesses wirkte Kasab oftmals so abwesend, als sei er sich
seiner Lage überhaupt nicht bewusst. Der aus armen Verhältnissen stammende
Pakistani soll sich als Kleinkrimineller durchgeschlagen haben, bevor ihn
Lashar-e-Toiba anwarb und trainierte. Während des Prozesses widerrief er
mehrmals sein Geständnis und sorgte für Verwirrung. Zweimal wechselte das
Gericht seinen Verteidiger aus. Insgesamt verlief der Prozess jedoch
schnell und professionell. Das Gericht hörte über 600 Zeugen, die
Anklageschrift füllte 11.000 Seiten.
Das Urteil sei "ein Sieg für die Nation", erklärte strahlend Staatsanwalt
Ujjwal Nikam. In seiner Vita als Ankläger könne er nun "38 Todesstrafen und
über 300 lebenslängliche Haftstrafen" verbuchen. TV-Sender hatten zuvor
ausgerechnet, wie viel Geld es den indischen Staat kosten würde, sollte
Kasab nicht hingerichtet werden, sondern eine Gefängnisstrafe verbüßen
müssen.
Bis zur Vollstreckung des Todesurteils kann es aber noch Jahre dauern: Der
Verurteilte hat das Recht auf Berufung. Zudem fand in Indien seit 2004
keine Hinrichtung mehr statt. Über 300 Menschen warten zurzeit in
Todeszellen. So auch Mohammed Afzal Guru, der wegen eines Anschlags auf das
Parlament 2001 zum Tode verurteilt wurde. Sein Gnadengesuch an die indische
Präsidentin wird noch geprüft.
6 May 2010
## AUTOREN
Agnes Tandler
## TAGS
Mumbai
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