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# taz.de -- Indiens Medien in Kriegsstimmung: Ruf nach Vergeltung
> Indiens Regierung räumt erstmals Fehler ein - weist aber wie die Medien
> Pakistan Schuld an den Anschlägen zu. Beobachter vergleichen die Stimmung
> mit der in den USA nach 9/11.
Bild: Stimmung wie nach dem 11.September: Sicherheitspersonal vor dem Chennai F…
Eine Woche nach Ende der Terrorattacke in Bombay hat die indische Regierung
erstmals Fehler eingeräumt. Der neue Innenminister Palaniappan Chidambaram
sagte am Freitag, man werde "in Kürze die Versäumnisse ansprechen". Er
werde alles tun, um die Ursachen dieser Fehler auszumerzen.
Damit gibt die Regierung der enormen Kritik der Medien nach. Chidambarams
Vorgänger Shivraj Patil trat am Sonntag zurück, weil bekannt geworden war,
dass der indische Geheimdienst im Besitz von Informationen über einen
bevorstehenden Anschlag in Bombay war, die Warnungen aber in staatlichen
Stellen versickerten.
Derzeit berichten mehrere Nachrichtensender ausführlich über den hohen
personellen und finanziellen Aufwand, mit dem sich Politiker vor
Attentätern schützten, während einfache Polizisten meist nicht einmal
Waffen bei sich trügen. Besonders kritisierten die indischen Medien den
widersprüchlichen Auftritt von US-Außenministerin Condoleezza Rice in
Indien und Pakistan. In Delhi hatte diese klare Worte gesprochen: Pakistan
müsse alles tun, um gegen Terrorgruppen im eigenen Land vorzugehen. Dennoch
warnte sie Indien, keine "voreiligen Schlüsse" über die Herkunft der
Attentäter zu ziehen. In Islamabad äußerte sich Rice tags darauf moderater.
Auch Pakistan sei ein Opfer des Terrorismus und unternehme "eine Menge"
dagegen.
Indiens Medien reagierten empört: Von einer Umkehr war die Rede, von einem
viel zu laschen Umgang mit Pakistan. Ein Sender spekulierte, die USA wichen
zurück, weil Pakistan mit einem Ende der Offensive gegen militante
Islamisten gedroht habe.
Doch bei aller Kritik der indischen Medien an der Regierung: Bei den
Schuldzuweisungen an Pakistan spielen sich Regierung und Medien gegenseitig
die Bälle zu. Die von der Kongresspartei geführte Regierung, die bei den
spätestens im Mai stattfindenden Wahlen um ihr Amt fürchten muss, füttert
die Medien mit unbewiesenen Vorwürfen an die Adresse Pakistans, die vom
eklatanten eigenen Versagen ablenken sollen.
Bislang hat Indien keine stichhaltigen Beweise vorgelegt, dass die
Bombay-Attentäter aus Pakistan stammen. Doch indische Medien berichten
ausführlich über die Verwicklung des pakistanischen Geheimdienstes ISI. Die
Tageszeitung The Hindu berichtete am Freitag, die Ermittler hätten "die
Namen der Anführer und Ausbilder und die Orte, wo die Ausbildung" der
Terroristen stattgefunden habe, ohne zu erwähnen, woher diese Informationen
stammen. Die Hindustan Times forderte, die USA sollten Beweise offenlegen,
damit Indien Pakistan stärker unter Druck setzen könne.
Mit dieser größtenteils auf Spekulationen basierenden Berichterstattung
bestärken die Medien jene Stimmen, die einen Bruch mit Pakistan oder sogar
Vergeltungsschläge fordern. Beobachter vergleichen die Stimmung in Indien
mit jener, die in den USA nach den Anschlägen vom 11. September 2001
herrschte. Auch dort wandelte sich der Schock schnell in eine Mischung aus
Patriotismus und dem Ruf nach Vergeltung.
In dieser aggressiven, zunehmend nationalistischen Grundstimmung reagieren
Indiens Medien auf Kritik von außen ausgesprochen scharf. Kurz nach dem
Ende des Terroranschlags bemängelten israelische Sicherheitskreise, die
Kommandooperation indischer Spezialeinheiten in dem besetzten
jüdisch-orthodoxen Nariman House sei "riskant" und "unausgereift" gewesen.
Alle sechs Geiseln, auch das Rabbiner-Ehepaar Gavriel und Rivka Holtzberg,
waren dabei ums Leben gekommen. Die Medien wiesen diese Kritik zurück und
listeten Geiselbefreiungen israelischer Spezialeinheiten auf, bei denen
ebenfalls Menschen starben.
6 Dec 2008
## AUTOREN
Sascha Zastiral
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