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# taz.de -- Koalitionsgespräche in NRW: Zwischen Skepsis und Hoffnung
> SPD und Grüne sprechen am Donnerstag erstmals mit der Linkspartei über
> die Bildung einer rot-rot-grünen Landesregierung. Bei den Linken herrscht
> Misstrauen.
Bild: Der Parteivorsitzende der Linkspartei in NRW, Wolfgang Zimmermann, im Lan…
KÖLN/BERLIN taz | So richtig glaubt niemand in der Berliner
Linksparteispitze, dass in Düsseldorf demnächst Rot-Grün-Rot regieren wird.
Es wird "schwierig", sagt eine ostdeutsche Spitzenpolitikerin. Auf
höchstens 20 Prozent taxiert einer die Chancen. Andererseits spekuliert man
in Berlin munter über mögliche Minister der Linkspartei in Hannelore Krafts
(SPD) Kabinett. Etwa über den Kölner Sozialwissenschaftler Christoph
Butterwegge. Das zeigt, wie schwankend die Stimmung ist. Irgendwo zwischen
Skepsis und der Hoffnung auf das Unerwartete.
Die Linkspartei in Nordrhein-Westfalen blickt dem Sondierungsgespräch mit
SPD und Grünen unsicher entgegen. Manche zweifeln, ob die SPD überhaupt
ernsthaft will, andere, ob die Linkspartei wirklich mit SPD und Grünen
regieren kann – oder will. "Wir haben vor der Wahl und auch danach immer
wieder deutlich gemacht, dass wir zu Gesprächen mit Parteien zur Verfügung
stehen, wenn es um einen grundlegenden Politikwechsel im Interesse der
Mehrheit der Menschen in diesem Land geht." So lautet die offizielle
Sprachregelung.
"Bitte haltet euch daran, lasst euch nicht auf weitere Debatten ein." Das
haben Wolfgang Zimmermann, Fraktionschef der Linkspartei, und sein Vize
Rüdiger Sagel an führende Parteimitglieder gemailt. "Ansonsten kommen wir
in schwierige Situationen." Doch die Genossen in NRW sind längst in einer
schwierigen Situation. Denn dieses interne Schreiben und weitere Papiere
aus dem inneren Machtzirkel wurden in die Öffentlichkeit lanciert. Darunter
sind auch Vorschläge, wie die Partei mit SPD und Grünen verhandeln soll.
Einige Genossen torpedieren die Annäherung
Offenbar gibt es Genossen direkt im Machtzentrum der NRW-Linkspartei, die
so gezielt versuchen, die rot-rot-grüne Annäherung zu torpedieren. Die
Parteispitze sucht intensiv nach dem Leck. Bislang ohne Erfolg.
Der Hintergrund der Indiskretionen: Die Linkspartei, erst seit ein paar
Tagen im Landtag, absolviert einen Crashkurs in Realpolitik: von einer
reinen Oppositionspartei hin zur potenziellen Regierungspartei. Das
bereitet etlichen Bauchschmerzen. "Die haben nicht einmal Ahnung von der
Hausordnung im Düsseldorfer Landtag, geschweige denn von Paragrafen und
Richtlinien, wollen aber Regierung spielen (dürfen)", heißt es in der
Begleitmail des Anonymus.
Um das Unfallrisiko bei dem Manöver Rot-Rot-Grün zu mindern, ist Ulrich
Maurer aus Berlin Teil der Düsseldorfer Sondierungskommission. Maurer,
Exsozialdemokrat, lange Lafontaines rechte Hand, gilt als Taktiker. Die
Spitze der NRW-Linken versichert zwar, Maurer sei "keine Polit-Nanny". Doch
klar ist, dass er helfen soll zu verhindern, dass sich die Partei noch
während der Sondierung zerlegt - und es so der SPD mit leicht macht, die
NRW-Linken als unfähige Fundis darzustellen, die nicht regieren wollen.
Die Linke gehört in die Opposition
Daher beteuert Maurer, dass "nur eine verschwindend kleine Minderheit in
der NRW-Linken prinzipiell für oder gegen eine Koalition" ist und "nur
Inhalte" zählen. Doch es gibt mehr Genossen, denen dieser Wechsel Richtung
Regierung zu rasant geht. Allerdings will kaum einer öffentlich reden – um
nicht von vornherein als Gesprächsverweigerer zu gelten.
Einer der wenigen ist der linke Kölner Ratsherr Claus Ludwig. "Die Linke
gehört in die Opposition und nicht in die Regierung, und an die Seite
jener, die sich mit den Folgen der kapitalistischen Krise herumschlagen
müssen", sagt Ludwig. Allerdings war er damit am Montagabend im Bürgerhaus
Stollwerck in Köln in der Minderheit. Hier fand die erste von drei
Regionalkonferenzen statt, auf der sich die Parteiführung der Unterstützung
ihrer Basis versichern will. Auch am Dienstag in Bielefeld und am Mittwoch
in Dortmund überwogen die Befürworter der Sondierungen.
Wie strittig Rot-Rot-Grün in der Linkspartei trotzdem ist, zeigt eine
Erklärung der parteinahen Bildungsgemeinschaft SALZ e. V., die der
Landtagsabgeordnete Michael Aggelidis unterschrieben hat. "Eine
Regierungsmitverantwortung wie in Berlin und Brandenburg wäre ein
Rückschlag und würde alle Tendenzen zur Resignation fördern", heißt es
dort.
Ein Ja zu einem Haushalt, der "die Privatisierungen der letzten Jahre nicht
zurücknimmt, würde jede emanzipatorische Rolle der Linken unweigerlich
zerstören". Fraktionschef Zimmermann versichert indes, dass Aggelidis
keineswegs grundsätzlich gegen eine Regierungsbeteiligung sei.
Das dominierende Gefühl bei der Linkspartei in NRW ist kein generelles
Nein, sondern Misstrauen. "Die Sondierung wird ein Ritt auf der
Rasierklinge", sagt ein linker Landtagsabgeordneter. Viele teilen den
Verdacht, der SPD gehe es nur um Alibigespräche, um der Linkspartei den
Schwarzen Peter zuzuschieben. Insgesamt zeichnet sich schon vor der ersten
Sondierung eine heimliche Allianz ab, die Rot-Rot-Grün nicht will. Bei der
SPD sind es rechte Genossen, bei der Linkspartei Regierungsverweigerer, die
stören. Etwa indem sie interne Mails veröffentlichen.
19 May 2010
## AUTOREN
P. Beucker
S. Reinecke
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