# taz.de -- Kommentar Gauck und Rot-Rot-Grün: Signal für die Wagenburg | |
> Rot und Grün haben die "Linke" abermals düpiert. Schlecht für mögliche | |
> Rot-rot-grüne Perspektiven auf Bundesebene. Leider ist die "Linke" nicht | |
> souverän genug, trotzdem für Gauck zu stimmen. | |
Die lange Geschichte rot-rot-grünen Versagens ist seit vorgestern um ein | |
Kapitel länger. Anstatt zumindest in einem eher symbolischen Fall wie der | |
Wahl des Bundespräsidenten an einem Strang zu ziehen, haben SPD und Grüne | |
die Linkspartei düpiert. | |
Bitte kein Missverständnis: Joachim Gauck ist ein couragierter Aufklärer. | |
Nichts spricht gegen diesen Kandidaten - aber viel gegen die Art, wie | |
Rot-Grün ihn nominiert hat. Die Linkspartei wollte über einen gemeinsamen | |
Kandidaten reden, SPD und Grüne wollten dies nicht. | |
Gauck ist eben nicht nur ein interessanter - und ohne die Stimmen der | |
Linken völlig chancenloser - Kandidat, er ist auch ein parteipolitisches | |
Instrument. Die Spitzen von SPD und Grünen führen die Linkspartei damit | |
bauernschlau vor - ähnlich wie bei den Koalitionsverhandlungen in NRW. Auch | |
dort zielte die SPD nicht auf die Einigung, sondern den theatralischen | |
Effekt. | |
Der rüde Umgang mit der Linkspartei ist nicht bloß schlechter Stil. Denn er | |
setzt eine Dynamik frei, die jede rot-rot-grüne Annäherung nachhaltig | |
blockiert. Dieser Stil stärkt die Fundis in der Linkspartei, die sich in | |
ihrer Wagenburg eingerichtet haben, und deprimiert die Kompromissbereiten, | |
Offenen. | |
Und je lauter die Fundis bei der Linkspartei werden, desto leiser werden | |
wiederum jene bei SPD und Grünen, die für ein linkes Bündnis zu haben sind. | |
Diesen Kreislauf haben Gabriel und Özdemir nun richtig in Schwung gebracht. | |
Damit gewinnen sie außer ein paar warmen Worten in konservativen Blättern | |
rein gar nichts. | |
Und nun? Wenn die Linkspartei klug und souverän wäre, dann würde sie | |
trotzdem für Gauck stimmen. Sie könnte damit demonstrativ die öden | |
Abgrenzungsrituale aufbrechen. So könnte sie zeigen, dass ihr die Zukunft | |
wichtiger ist als der Zwist über die Geschichte. Schade, dass sie dazu | |
nicht in der Lage ist. | |
5 Jun 2010 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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