# taz.de -- Multimediale Wichsvorlage: Apple! iPad! Porno! | |
> Dieser Artikel wird ein "Klickmonster". Nicht weil er sonderlich gut | |
> geschrieben oder wenigstens informativ wäre, sondern weil "Apple", "iPad" | |
> und "Porno" darin vorkommen. | |
Bild: Charmantes Guerilla-Marketing für Porno auf dem iPad. | |
Als aktueller Anlass würde die dünne Nachricht genügen, dass sich in den | |
USA "dudes who like porn" zusammengeschlossen haben, um mit charmantem | |
Guerilla-Marketing gegen den empörenden Umstand zu protestieren, dass Apple | |
auf seinem iPad nicht nur erotische Bilder blockt, sondern sogar das | |
Betrachten jedweder Flashfilmchen verhindert, weil dieses harmlose und | |
allgegenwärtige Programm unter anderem inzwischen auch das Rückgrat der | |
krisenfest weiterwachsenden industriellen Internetpornografie bildet. Und | |
weil Apple-Chef Steve Jobs angeblich der hochmoralischen Auffassung ist, | |
Freiheit sei auch "freedom from porn". | |
Tatsächlich würde der an sich schon bis ins kleinste Bauteil | |
durcherotisierte Fetisch ohne die technischen Blockaden einen so einfachen | |
und abwaschbaren Zugriff auf pornografische Inhalte erlauben, dass er die | |
bunte Welt der Onanie in ein neues Zeitalter führen könnte. Die schlichte | |
und unausgesprochene Wahrheit ist, dass das iPad potenziell eine | |
multimediale Wichsvorlage sein könnte, wie es noch keine gab. Dieses | |
Potenzial ist so offensichtlich, dass Apple es einfach ausschalten musste – | |
man will eben einen Massagestab verkaufen, keinen Vibrator. | |
All das könnte man aufschreiben, und es wird aufgeschrieben: Wenn Zeitungen | |
(und die dahinterstehenden Verlage) derzeit mal nicht mit dem Bejubeln | |
neuer Produkte aus Cupertino beschäftigt sind, machen sie eben Auflagen mit | |
Geschichten rund um die neuen Produkte aus Cupertino. Journalisten kreisen | |
um Apple wie die Fliegen um die Biotonne. Sie hocken in der Falle, weil der | |
Konzern ganz anders kommuniziert als seine Konkurrenten. | |
Anstatt, wie üblich, ein Produkt vorzustellen und mit seinen Eigenschaften | |
zu werben, appelliert Apple an die kindliche Fantasie: "Wäre es nicht | |
schön, ein handschmeichlerisches Superding zu haben, das alle anderen | |
Superdinge in sich vereint und überflüssig macht? Voilà, hier ist es!" Für | |
solche Suggestionen sind, das lehrt der Erfolg von Apple, vor allem | |
"Kreative" empfänglich und solche, die sich dafür halten – zum Beispiel | |
Journalisten, die sich dann eben über jeden Furz aus dem Hause Apple die | |
Finger blutig schreiben. | |
Es ist, wie dieser Text zeigt, ein echtes Dilemma. Ein Ausweg könnte sein, | |
Apple einfach mal Apple sein zu lassen, vielleicht für sechs Monate oder | |
so. Wir sollten langsam mal zur Besinnung kommen. Ein Moratorium würde uns | |
helfen – und Apple wahrscheinlich nicht einmal schaden. | |
10 Jun 2010 | |
## AUTOREN | |
Arno Frank | |
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