# taz.de -- G-20-Proteste: Anarchie in Torontos Innenstadt | |
> Trotz eines Großaufgebots der Polizei randalieren Autonome stundenlang in | |
> Torontos Innenstadt. Über 400 Personen wurden festgenommen. Das Anliegen | |
> des Protests geht völlig unter. | |
Bild: Die Randalierer demolieren - die Polizei schaut nahezu tatenlos zu. | |
TORONTO taz | Für die Staatschefs der G8 und der G20 mag das Gipfeltreffen | |
aufgrund von Meinungsverschiedenheiten und voraussichtlich fehlender | |
Ergebnisse ein wenig enttäuschend gewesen sein – für die Polizei in Toronto | |
war es ein völliges Desaster. Es waren surreale Szenen, die sich am | |
Samstagnachmittag (Ortszeit) auf der Haupteinkaufsstraße der kanadischen | |
Stadt abspielten: Mehrere hundert Demonstranten, viele von ihnen ganz oder | |
teilweise vermummt, zogen durch die Stadt und zertrümmerten in aller Ruhe | |
die Scheiben und Leuchtreklamen von Banken und Ketten wie Starbucks und | |
McDonalds – umgeben von fassungslosen Passanten und völlig unbehelligt von | |
der Polizei, die buchstäblich nicht zu sehen war. | |
Zuvor waren ungefähr 10.000 Menschen - und damit deutlich weniger als bei | |
früheren Gipfeln - bei kräftigem Regen durch Toronto gezogen. Neben | |
größeren Blöcken von Gewerkschaften und Greenpeace waren Gruppen aller Art | |
beteiligt, die von der Bekämpfung der Armut über Freiheit für Tibet, den | |
Kommunismus, die Neu-Untersuchung der Anschläge vom 11. September bis zum | |
Stopp der Ölsand-Förderung in Kanada so ziemlich sämtliche linken | |
Forderungen auf die Straße trugen. War eine gemeinsame, gar auf den Anlass | |
des G20-Treffens bezogene bezogene Forderung schon während der | |
Demonstration nur schwer auszumachen, so geriet das Anliegen der | |
friedlichen Protestierer im Laufe des Tages immer weiter in den | |
Hintergrund. | |
Denn etwa zur Mitte der Demonstration, als diese dem Sicherheitszaun rund | |
um das G20-Konferenzzentrum am nächsten war, verließ ein Teil der | |
Demonstranten die geplante Route. Ein Versuch, eine massive Polizeikette zu | |
durchbrechen, um sich dem Zaun weiter zu nähern, scheiterte; mehrere | |
Menschen wurde dabei am Kopf verletzt. Kurze Zeit später wurden zwei | |
Polizeiautos demoliert und eins in Brand gesteckt – unter den hilflosen | |
Blicken der überfordert wirkenden Polizei. Auch der Kamerawagen eines | |
örtlichen Fernsehsenders wurde angegriffen. Anschließend zogen die | |
Demonstranten in die Innenstadt, wo zwei weitere Polizeiwagen in Brand | |
gesteckt und zahlreiche Scheiben eingeschmissen wurden. Erst nach Stunden | |
rückte die Polizei in die Innenstadt vor, wobei auch Tränengas zum Einsatz | |
kam. Am Abend und in der Nacht wurdennach Polizeiangaben 412 Demonstranten | |
festgenommen. | |
Der Verlauf der Demonstration dürfte in Kanada eine große Debatte über die | |
Sicherheitsstrategie auslösen. In Toronto waren am Samstag 12.000 | |
Polizisten im Einsatz. Um Festnahmen zu erleichtern, hatte die Stadt | |
Sonderregeln in Kraft gesetzt, die leichtere Festnahmen ermöglichen. Für | |
den Schutz der Gipfeltreffen hatte das Land insgesamt 900 Millionen Euro | |
ausgegeben, und damit weit mehr als jemals zuvor bei einem Gipfel. Viel | |
gebracht, so am Samstag die Stimmung in der Innenstadt von Toroto bei | |
Demonstranten wie Passanten gleichermaßen, hat das offenbar nicht. | |
26 Jun 2010 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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