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# taz.de -- Kommentar Mord an Marwa El-Sherbini: Wann Deutschland sich empört
> Der Mord an Marwa El-Sherbini ist zum Symbol für die Ausgrenzung von
> Muslimen geworden. Das war überfällig. Denn die Reaktion der deutsche
> Gesellschaft war zunächst kühl.
Bild: 2009 wurde die schwangere, mit einem Wissenschaftler verheiratete Ägypte…
Genau vor einem Jahr wurde Marwa El Sherbini zur Symbolfigur. Nicht nur
weil ein mit Hass auf Muslime erfüllter Russlanddeutscher die 31-jährige
Ägypterin vor den Augen von Mann und Kind in einem Gerichtssaal brutal
ermordete. Sondern auch weil die Öffentlichkeit, vor allem aber die
Politik, dazu tagelang schwieg. El Sherbini wurde zum Symbol für die
Ausgrenzung von Muslimen ganz allgemein – und Islamfeindlichkeit wurde zum
Thema. Das war überfällig. Denn dass diese neue rassistische Spielart um
sich greift, zeigen zahlreiche Studien. Doch längst ist das Thema wieder
vom Tisch.
Ganz anders war die Lage bei der Ermordung der Deutschtürkin Hatun Sürücü,
die im Februar 2005 von ihrem jüngsten Bruder erschossen wurde, weil ihr
Lebensstil angeblich die Familienehre beschmutzt hatte. Umgehend reagierten
Politik und Öffentlichkeit, Parlamentsdebatten und Gesetzesinitiativen
wurden auf den Weg gebracht. Das Thema der unterdrückten muslimischen Frau
erregt – zu Recht – bis heute die Gemüter.
Zwei ermordete Musliminnen – gänzlich unterschiedliche Reaktionen: Der Mord
an Hatun Sürücü passte in das Koordinatensystem, in dem Muslime häufig
verortet werden. Vielen Deutschen kommen da zuerst Zwangsverheiratungen,
Ehrenmorde und islamistischer Terror in den Sinn. Es besteht
Generalverdacht. Der Mord an Marwa El Sherbini liegt quer zu diesem Raster.
War es doch genau der von diesem Generalverdacht getränkte Hass, der den
Mörder trieb.
Auch das zeigt: Islamfeindlichkeit muss ernst genommen werden. Doch das tun
weite Teile der Öffentlichkeit und auch die Politik nicht. Selbst auf der
Islamkonferenz wird das Thema nur besprochen, weil die muslimischen
Verbände darauf beharrten. "Dazu kann gerne gesprochen werden. Auch wenn
ich es nicht so sehe, dass unser Land von Islamfeindlichkeit durchdrungen
ist", sagte Bundesinnenminister de Maizière dazu. Problembewusstsein sieht
anders aus.
1 Jul 2010
## AUTOREN
Sabine am Orde
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