# taz.de -- Unerwarteter Geldsegen: Bundesregierung rettet Uni Lübeck | |
> Der Medizin-Studiengang kann bleiben, Schleswig-Holstein erhält 25 | |
> Millionen Euro aus Berlin. Eine Schlammschlacht zwischen den | |
> Universitäten in Kiel und in Lübeck ist damit abgewendet. | |
Bild: Ziel erreicht? Eine von vielen Protestaktionen zum Erhalt der Uni Lübeck. | |
Es begann gerade richtig hässlich zu werden. Die Lübecker Nachrichten | |
berichteten von vertraulichen Papieren, aus den hervorgehe, dass die Idee | |
der Schließung des Lübecker Medizinstudiengangs aus den Reihen der Uni Kiel | |
komme. Tags zuvor hatte die Kieler Uni-Spitze den Lübeckern "Piraterie" | |
vorgeworfen, weil diese Kiel bei den Sparbeschlüssen mit einbeziehen | |
wollten. Da sickerte gestern Mittag durch, dass Rettung aus Berlin kommt. | |
Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) hat sich eingemischt und bei | |
Finanzminister Wolfgang Schäuble 25 Millionen Euro locker gemacht, um dem | |
klammen Schleswig-Holstein zu helfen. Die Details des Rettungspakets wurden | |
gestern Abend nach Redaktionsschluss im Berliner Schavan-Ministerium | |
vorgestellt. CDU-Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) und | |
FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki waren dafür extra in die Hauptstadt | |
gereist. | |
Bildung ist Ländersache, direkt kann der Bund keine Studienplätze | |
finanzieren. Schavan will den Zuschuss deshalb über den Umweg der Forschung | |
nach Schleswig-Holstein fließen lassen. Dafür könnte das Leibniz-Institut | |
für Meereswissenschaft in Kiel zu einer "Helmholtz-Gemeinschaft" | |
umgewandelt werden, berichtet Schavans Sprecher Christian Herbst. Bei | |
beiden handelt es sich um Forschungsverbünde. Doch während die | |
Leibniz-Institute ihre Grundfinanzierung jeweils zur Hälfte vom Bund und | |
vom Land erhalten, werden Helmholtz-Einrichtungen zu 90 Prozent vom Bund | |
bezahlt. Schleswig-Holstein würde so um 12 Millionen Euro jährlich | |
entlastet. | |
Weitere Millionen sollen durch "flankierende Maßnahmen" wie den Neubau | |
eines Gebäudes für das Kieler Meeresforschungsinstitut und den Ersatz des | |
Forschungsschiffes Poseidon fließen, so dass der Bund insgesamt "jährlich | |
rund 25 Millionen" Euro zahlen würde. | |
Die Sache werde "geprüft", schränkt Schavan-Sprecher Herbst ein. Der | |
Vorschlag des Ministeriums sei aber bei beiden Gesellschaften | |
"grundsätzlich auf Akzeptanz" gestoßen. Das Engagement zeige, wie sehr | |
Schavan an dem Erhalt der Lübecker Medizin gelegen sei. Die schwarz-gelbe | |
Landesregierung hatte bei Vorlage ihres Sparkonzept vor sechs Wochen von | |
der Uni-Lübeck eine Einsparsumme von bis zu 26 Millionen Euro gefordert. | |
Die wäre mit dem Vorschlag aus Berlin gedeckt. | |
Der Konflikt war in den letzten Tagen eskaliert. "In Lübeck brodelt die | |
ganze Stadt", sagt ein Beobachter. Mehrere Landtagsabgeordnete wie der | |
CDU-Mann Hartmut Hamerich hatten sich mit dem FDP-Abgeordneten Gerrit Koch | |
solidarisiert, der angekündigt hatte, gegen die Schließung des | |
Medizin-Studiengangs zu stimmen. Damit hätte Schwarz-Gelb im Kieler Landtag | |
keine Mehrheit mehr gehabt. | |
"Wir sind in einer Situation, die wir nicht mehr lange aushalten können", | |
sagt der Sprecher der Lübecker Uni, Rüdiger Labahn. Es geben mehrere | |
renommierte Professoren, die "weg sind, wenn wir nicht bald eine | |
Bestandsgarantie erhalten". Damit gingen Drittmittel und ganze Bereiche | |
verloren. | |
Das Präsidium der Uni Lübeck hatte auf Aufforderung der Landesregierung am | |
Dienstag eigene Sparvorschläge gemacht, die unter anderem die Umwandlung in | |
eine Stiftungs-Universität, Studiengebühren und den Abbau von | |
Studienplätzen in Lübeck vorsahen - aber auch in Kiel, was der Präsident | |
der dortigen Uni, Gerhard Foquet, als "unberechtigten Eingriff in | |
Strukturen" zurückgewiesen hatte. Der Prodekan der Kieler Medizinischen | |
Fakultät, Thomas Schwarz, sprach von "nicht akademischem Verhalten". | |
Der Kieler Asta zeigte sich sowohl von den Sparvorschlägen aus Lübeck als | |
auch von der Reaktion der eigenen Hochschulleitung schockiert. Dies habe, | |
statt Sparvorschläge generell abzulehnen, die Lübecker "allein im Regen | |
stehen lassen" und müsse sich über den "Bumerang" nicht wundern. | |
Die Lübecker Nachrichten hatten am Mittwoch berichtet, ein früherer Dekan | |
der Kieler Uni habe im Januar 2009 gegenüber dem Wissenschaftsministerium | |
"die Schließung des Campus Lübeck" empfohlen - eine Meldung, die die Kieler | |
Uni-Spitze gestern dementierte. Die Lübecker schlugen einen Runden Tisch | |
mit den Kielern vor vor, um "Irritationen auszuräumen". | |
8 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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