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# taz.de -- Produktionsbedingungen: Schmutzige Outdoor-Kleidung
> Image und Realität klaffen in der Outdoor-Branche weit auseinander. Die
> Produktionsbedingungen bei den Zulieferbetrieben genügen sozialen
> Standards oft nicht.
Bild: Natur-Image – mit zweifelhafter Begründung.
Unabhängig, naturverbunden und mit einem Faible für qualitativ hochwertige
Produkte. Dieses Bild zeichnet die Outdoorbranche in ihrer Werbung nicht
nur gerne von ihren Kunden, sondern auch von sich selbst. Die über 850
Aussteller auf Europas größter Fachmesse "OutDoor", die noch bis Sonntag in
Friedrichhafen stattfindet, beweisen den Erfolg dieser Strategie. Die
Bedingungen, unter denen Funktionsjacken und Schlafsäcke hergestellt
werden, sind hingegen nicht so glänzend wie die Geschäftsaussichten. Eine
Studie der Kampagne für saubere Kleidung hat sich anhand von 15
Outdoorherstellern zum zweiten Mal mit der Frage beschäftigt, wie es um die
soziale Nachhaltigkeit in der Branche bestellt ist. Mit ernüchternden
Ergebnissen.
Wie im letzten Jahr ist die Liste der Kritikpunkte lang. Immer noch machen
sich demnach viele Firmen wie der Schuhhersteller Schöffel keine Gedanken
über eine gewerkschaftliche Vertretung in Ländern, wo diese nicht
gewährleistet ist. Wieder andere garantieren Löhne, die zwar dem
gesetzlichen Mindestlohn im Produktionsland entsprechen, für die Arbeiter
aber nicht zum Leben reichen. In vielen Unternehmen fehlen Obergrenzen für
Überstunden. Unter Beschuss steht auch die Firma Vaude, die in der
Militärdiktatur Myanmar produzieren lässt.
Trotzdem lässt der Druck der Öffentlichkeit auch die Unternehmen im
Outdoorgeschäft nicht unbeeindruckt. Jack Wolfskin, Deutschlands
Schwergewicht in der Branche, weigerte sich noch im Jahr 2004, an einer
Untersuchung der Stiftung Warentest über ethische Produktionsbedingungen
teilzunehmen. Vor einigen Wochen ist das Unternehmen der Initiative Fair
Wear Foundation (FWF) beigetreten. "Das ist hoffentlich ein Schritt mit
Signalwirkung. Aber man soll das noch nicht überbewerten", gibt Berndt
Hinzmann vom Inkota-Netzwerk, das die Kampagne für saubere Kleidung in
Deutschland mitträgt, zu Bedenken. "Das Wichtige ist nicht der Beitritt zu
einer Initiative, sondern die Umsetzung ihrer Regeln." Das sei ein Prozess,
der viel Geld, Personal und Zeit koste.
Hinter diesem Prozess stehen die Multi-Stakeholder-Initiativen. Sie
arbeiten vor Ort mit Gewerkschaften und lokalen
Nichtregierungsorganisationen zusammen. Beispiele für solche Initiativen in
der Textilindustrie sind die Fair Wear Foundation (FWF), die Fair Labour
Initiative (FLA) und die Social Accountability International (SAI). Die
Kodizes dieser Organisationen unterscheiden sich aber stark. Die Fragen
nach dem verpflichtenden Lohn, gewerkschaftlicher Vertretung und
Überstundenregelung sind in den Selbstverpflichtungen unterschiedlich
geregelt. Fünf der untersuchten Outdoorfirmen sind bislang Mitglied in
einer solchen Initiative, einige prüfen einen Beitritt.
Vorsicht ist bei den Industrieinitiativen wie der Business Social
Compliance Initiative (BSCI) geboten. Die Standards solcher Initiativen
liegen tief, außerdem ist die Kontrolle nicht gewährleistet. "Die BSCI hat
sich bewusst gegen den Multi-Stakeholder-Ansatz entschieden. Meiner Meinung
nach ist das eine Alibi-Initiative", kritisiert Hinzmann.
Ökologisch korrekte Produktion ist in den letzten Jahren in den Fokus der
Branche gerückt. Es gibt kaum ein Unternehmen, das keine Kollektion aus
Biobaumwolle im Angebot hat. Hinzmann gibt die Hoffnung nicht auf, dass das
Soziale folgen wird, wenn sich das Bewusstsein in den Unternehmen ändert.
"Entweder setzt man die Unternehmen öffentlichem Druck aus, oder sie
entdecken faire Produktionsbedingungen als Möglichkeit, sich von ihren
Wettbewerbern abzuheben." Kleine Erfolge gibt es schon: Anders als vor
einem Jahr nahmen diesmal alle Unternehmen an der Studie teil.
17 Jul 2010
## AUTOREN
Jonas Vogt
## TAGS
Textilien
Indonesien
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